Chancen für Stadt und Land
Der Landesvorstand hat beschlossen:
Die Lebenssituationen der Menschen in Niedersachsen unterscheiden sich. Manche wohnen in attraktiven ländlichen Räumen mit guten Zukunftsaussichten. Andere haben das Gefühl, dass ihre Region abgehängt wird. In modernen Städten sind der stete Wandel und innovative Ideen zu Hause. In anderen Städten haben die Menschen Schwierigkeiten, mit den aktuellen Herausforderungen umzugehen. Die Entwicklungspfade ländlicher und städtischer Regionen unterscheiden sich nach den Rahmenbedingungen und nach der politischen Perspektive.
Wir Freie Demokraten in Niedersachsen sehen die Besonderheiten und die Unterschiedlichkeit der Lebensräume in unserem Land als Chance zur Gestaltung. Wir wollen die Lebensumstände der Menschen in ihren unterschiedlichen Situationen verbessern. Der einzelne Mensch mit seinen Wünschen, Sorgen und Perspektiven steht für uns im Mittelpunkt. Wir wollen nicht, dass städtische und ländliche Lebensentwürfe gegeneinander ausgespielt werden. Denn wir erkennen an, dass sie durch regionale, wirtschaftliche, landwirtschaftliche, soziale und weitere Bindungen zusammenhängen. Wir wollen Menschen und ihre Lebensentwürfe nicht in starre städtische oder ländliche Kategorien einsortieren. Jeder Mensch muss seinen Lebensmittelpunkt frei wählen können. Wir wollen Urbanität und Landleben gleichermaßen respektieren und fördern. Zwischen Großstadt und Dorfleben gibt es außerdem eine Vielzahl unterschiedlicher Orts-, Gemeinde- und Stadtgrößen. Ein großer Teil der Bevölkerung Niedersachsens lebt in Städten und Gemeinden mittlerer und kleinerer Größe.
Die gegenseitigen Abhängigkeiten unterschiedlicher Regionen müssen stärker in den Fokus gerückt werden. Angesichts von Wohnungsmangel und Konflikten über die Raumnutzung können nicht alle Menschen in Innenstadt-Quartieren oder im Speckgürtel der Großstädte wohnen. Der Konsum von Lebensmitteln in den Städten ist auch von einer funktionierenden Landwirtschaft im ländlichen Raum abhängig. Gleichzeitig sind vor allem solche ländlichen Regionen besonders attraktiv, in denen eine schnelle Anbindung an größere Städte besteht. Wir wollen das Verständnis und die Akzeptanz für diese Zusammenhänge fördern.
Wir Freie Demokraten wollen durch konkrete Vorschläge in den Bereichen Planung, Bauen, Verkehr und Infrastruktur einen Beitrag dazu leisten, dass sich unterschiedliche Regionen und Orte in Niedersachsen bestmöglich entwickeln können. Damit wollen wir die Entwicklung unserer Kommunen, Kreise und Regionen gerade mit Blick auf solche Entwicklungen fördern, die den Menschen derzeit besonders große Herausforderungen bereiten – von der Bewältigung der Corona-Pandemie und des Klimawandels über den demografischen Wandel bis hin zur Digitalisierung.
A. Rahmenbedingungen für eine bessere Politik vor Ort
Unabhängig von der konkreten Situation vor Ort existieren Probleme, deren Lösung für alle unterschiedlichen Regionen gleichermaßen relevant ist. Dazu gehören vor allem die Ausgestaltung der Digitalisierung, die Geschwindigkeit der Vorhabenplanung und eine größere rechtliche Flexibilität und Entbürokratisierung.
Schnelles Internet ist heute ein wesentlicher Standortfaktor für attraktive Regionen. Funklöcher und fehlende Anbindung verhindern wirtschaftliche Entwicklungen, etwa weil die Zusammenarbeit und Arbeitsteilung mit Geschäftspartnern nicht funktioniert oder weil Aufträge verloren gehen. Moderne Arbeitsbedingungen und Homeoffice lassen sich nicht umsetzen und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wählen sich andere Arbeitgeber.
Eine flächendeckende Versorgung mit einem hochleistungsfähigen Netz über Glasfaser und Mobilfunk ist unerlässlich. Niedersachsen muss endlich mit seinem Ausbauprogramm von LTE-Funknetzen und dem Aufbau von eigenen Giga-Glasfasernetzen im ländlichen Raum beginnen. Wie die klassische Infrastruktur muss ein solches Netz Teil der Grundversorgung sein und durch den Staat gewährleistet werden. Es muss Schluss sein mit einer Politik, die sich am Lizenzverkauf eine goldene Nase verdienen will und danach mangelnde Erreichbarkeit in Regionen beklagt, weil die Netze dort wirtschaftlich nicht zu betreiben sind.
Bis zum Jahr 2021 muss in Niedersachen als ein erster Schritt flächendeckend der Ausbau mit 4G/LTE erreicht sein. Dazu sind die weitgehend freihändige Vergabe für Antennenanlagen bis 15 m Höhe und einheitliche und digitale Standards in den Genehmigungsverfahren eine wichtige Voraussetzung. Außerdem muss in der Landesbauordnung die Genehmigungsfreiheit für größere Anlagen bis 30 Meter festgeschrieben werden. Bei Anlagen bis 50 Meter Gesamthöhe sollte der Vorhabenträger von der Suche nach Standortalternativen freigestellt und Ausgleichsmaßnahmen durch ein Ersatzgeld in Höhe von 5 Euro pro Quadratmeter pauschaliert werden, das der Vorhabenträger an die Kommune zahlt. Mit dem Ersatzgeld kann die Kommune sodann die erforderlichen Ausgleichsmaßnahmen finanzieren.
Die Chancen der Digitalisierung müssen auch für die Beschleunigung von Bauprojekten genutzt werden. Dabei ist eine einheitliche Festlegung verbindlicher Datenaustauschstandards an der Schnittstelle zur öffentlichen Hand dringend erforderlich. Der aktuelle Wildwuchs unterschiedlicher Datenformate verhindert eine schnelle Planung. Planungsrelevante Daten, Kartenwerke, Flächennutzungs- und Bebauungs-Pläne sowie Raumordnungsprogramme sollten in digitaler Form zur Verfügung gestellt werden. Der Aufbau von 3D-Stadtmodellen ist voranzutreiben. Mit ihrer Hilfe können Möglichkeiten zur Nachverdichtung einfacher gefunden
werden. Sie sind ferner Voraussetzung für schnellere Genehmigungsverfahren und Smart-City-Ansätze.
Um die Bauplanung zu beschleunigen, muss kurzfristig die Nutzung des Instruments der Genehmigungsfiktion ausgebaut werden. Die Nutzung des hier in Niedersachsen bereits vorhandenen so genannten Baumitteilungsverfahrens muss ausgeweitet werden. Wenn eigentlich genehmigungsfreie Planverfahren als Bauanträge eingereicht werden, kostet dies Personalressourcen in den Genehmigungsbehörden und geht zu Lasten prüfpflichtiger Planverfahren. Anträge, die als Baumitteilung eingereicht werden könnten, sollen künftig nach Einreichung innerhalb von zwei Wochen durch die Bauaufsichtsbehörden auf Vollständigkeit
geprüft und nur noch eingeschränkt auf planungsrechtliche Belange hin kontrolliert werden. Eine Erteilung der Baugenehmigung hat dann binnen vier Wochen zu erfolgen. Werden diese Fristen von Seiten der Genehmigungsbehörden nicht eingehalten, gelten die Vorhaben als genehmigt. Darüber hinaus muss das Baumitteilungsverfahren auf weitere Arten von Baugenehmigungen ausgedehnt werden.
Die Arbeitsabläufe und Verfahren in den Genehmigungsbehörden sind oftmals aus der Zeit gefallen. Bauanträge, die in Papierform abgegeben werden oder nach digitalem Versand ausgedruckt werden, müssen langfristig komplett der Vergangenheit angehören. Wie bei der Steuererklärung muss für alle Antragsteller ein zentrales digitales Portal geschaffen werden, in dem künftig digitale Bauanträge eingereicht werden können. Diese werden dann semi-automatisch geprüft - nur bei Auffälligkeiten bearbeiten Mitarbeiter der zuständigen Behörde den
Antrag noch ergänzend. Ein solches Portal, mit umfangreichen 3D-Daten und digitalen Daten der Bauleitplanungen hinterlegt, ermöglicht perspektivisch die Schaffung eines One-Stop-Shops. Bauwillige müssen sich nur noch an eine einzige Stelle wenden.
Die Genehmigungsverfahren müssen zudem durch eine Aufstockung und regelmäßige Qualifizierung der Mitarbeiter bei der Bau- und Gewerbeaufsichtsverwaltung beschleunigt werden. Auch die gerichtlichen Verfahren müssen beschleunigt werden. Zu diesem Zweck wollen wir die Digitalisierung der Justiz vorantreiben und einen zusätzlichen Senat für Raumordnungs- und Planungsrecht beim Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht schaffen.
Bei komplexen Bauvorhaben kann die Methode des Building Information Modeling (BIM) eine zukunftsweisende Planungsunterstützung sein. Durch die digitale Erfassung und Kombination aller relevanten Bauwerksdaten ermöglicht das Konzept des Building Information Modeling (BIM) eine bessere Koordination der Planung von Bauprojekten und eine präzisere Steuerung des Bauablaufs. Land und Kommunen sollten diesen Standard bei größeren öffentlichen Bauvorhaben verbindlich machen. Für kleinere Bauvorhaben, etwa beim Wohnungsbau, an deren Planung häufig kleine Ingenieurbüros und Handwerksbetriebe beteiligt sind, steht
eine verbindliche Anwendung von BIM aber derzeit nicht in einem angemessenen Verhältnis zu Kosten und Aufwand. BIM einzuführen setzt nicht unerhebliche Investitionen für Planungsbüros und Handwerker voraus - um den Zugang zu vereinfachen, schlagen wir BIM-Cafés, die Einrichtung von BIM-Kompetenzzentren und die Entwicklung einer Open-BIM-Strategie vor.
Allzu oft scheitern Vorhaben auf kommunaler Ebene an einem zu komplexen Planungsrecht und an zu langwierigen Verfahren. Auf Bundesebene muss daher ein weiteres, umfassendes Planungsbeschleunigungsgesetz für den Verkehrsbereich beschlossen werden, das die aktuellen Planungs- und Genehmigungsverfahren umfassend reformiert. Dazu müssen etwa das Raumordnungs- und Planfeststellungsverfahren besser miteinander verzahnt werden, um Doppelprüfungen insbesondere im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung zu vermeiden. Ferner müssen die Möglichkeiten zur Planung durch Maßnahmegesetze weiter vereinfacht werden. Für das Problem des Fachkräftemangels in der Bauverwaltung regen wir die Einrichtung dualer Studiengänge für Hoch- und Tiefbauingenieure in der öffentlichen Verwaltung an. Außerdem müssen die Durchlässigkeit sowie die Qualifizierungs- und Aufstiegsmöglichkeiten verbessert werden.
Die Bürokratie im Umfeld neuer Bauprojekte muss dringend reduziert werden. Insgesamt sollten die Bauaufsichtsbehörden deutlich mehr Möglichkeiten erhalten, von den Vorschriften der Landesbauordnung Abweichungen zur Schaffung von Wohnraum zuzulassen. Wir wollen außerdem vermehrt auf modulares und serielles Bauen und entsprechende Typengenehmigungen setzen. Auf diese Weise können Unternehmen Baumodule in Serie produzieren, sodass die Bauzeit verkürzt wird und die Baukosten sinken. Hier muss die Landesbauordnung klare Anforderungen enthalten.
Sofern von Gemeinden für notwendig erachtet, können diese mit Baugenossenschaften und benachbarten Wohnungsbaugesellschaften gemeinsam Wohnungsbauprojekte durchführen. Die Gründung einer zentralen Landeswohnungsbaugesellschaft halten wir dazu für wenig zielführend. Den örtlichen Wohnungsmarkt und seine Bedürfnisse kann man in unseren Augen nicht von einer Zentralstelle aus sinnvoll im Auge haben und angemessen reagieren.
Als Bürokratiebremse fordern wir im Landesrecht Regelungen, nach denen mit jeder neuen rechtlichen Regelung zwei Regelungen aufgehoben werden. Außerdem halten wir eine zeitliche Befristung der Gültigkeit von Gesetzen und Verordnungen für eine wichtige Maßnahme, um der immer größer werdenden Flut an Vorschriften Herr zu werden. Mit einem Baukosten- und Mieten-TÜV müssen neue Regelungen zudem einer verpflichtenden Folgenabschätzung unterzogen werden, mit der die Kosten für Bauen, Wohnen und Mieten ermittelt werden. Unser Ziel ist es dabei, kostentreibende Normen zu vermeiden und den Entscheidern eine transparente Grundlage für ihr Handeln zur Verfügung zu stellen. Insbesondere EU-Richtlinien dürfen nicht über das erforderliche Maß hinaus umgesetzt werden. Ferner müssen die Empfehlungen der Baukostensenkungskommission konsequent umgesetzt werden. Auch die Anforderungen bei Wärme-, Schall- und Brandschutz gehören auf den Prüfstand.
Der Denkmalschutz dient der Bewahrung des kulturellen Erbes und eines ansprechenden Erscheinungsbildes erhaltungswürdiger Bauten im Kleinen sowie ganzer baulicher Ensembles im Großen. Er stellt ein wichtiges Instrument für den Erhalt der jeweiligen städtischen oder ländlichen Identität dar. Überzogene Auflagen, die den langfristigen Erhalt behindern, beispielsweise der Genehmigungsvorbehalt des Fassadenanstrichs, unterminieren allerdings seine Akzeptanz und stellen einen hohen Kostenfaktor dar. Wir wollen dem Eigentümer eine einfachere Überprüfung des Denkmalstatus ermöglichen. Vor allem längst verfallene Gebäude müssen im Sinne einer sinnvollen Umnutzung schnell aus dem Denkmalstatus entlassen werden können. Ferner müssen die Belange der energetischen Sanierung, des Klimaschutzes und der Barrierefreiheit stärker mit dem Denkmalschutz in Einklang gebracht werden können.
Mit der Erteilung des Denkmalstatus verliert der Eigentümer die alleinige Verfügungsgewalt über sein Eigentum. Diesem Schritt stehen berechtigterweise steuerliche Erleichterungen gegenüber. Die auflagenbedingte Instandsetzung und der Erhalt verursachen mitunter sehr hohe Kosten. Vor diesem Hintergrund fordern wir nicht mehr nur in Einzelfällen die Minderung bis hin zum Erlass der Grundsteuer für Eigentümer, die ihrer gesetzlichen Verpflichtung vollumfänglich entsprechen. Einem durch Eigentümer gezielt geduldeten Verfall von Gebäuden
muss hingegen im Rahmen der bisher bestehenden gesetzlichen Handhabungen sowie mit einem erhöhten Hebesatz bei der Grundsteuer konsequent entgegengewirkt werden. Außerdem müssen die Baugenehmigungsgebühren abgeschafft werden, wenn der Eigentümer lediglich die Instandsetzung eines Denkmals beantragt.
Wir wollen den Kreisen und Gemeinden insgesamt eine größere Autonomie bei der Rechtssetzung einräumen, denn die Akteure vor Ort kennen die Verhältnisse oft besser als auf der übergeordneten Ebene. Sowohl in städtischen wie in ländlichen Räumen müssen Baufreiheitszonen als Experimentierräume geschaffen werden, in denen neue Ideen und Techniken zur Nachverdichtung, zur Gebäudesanierung und im Neubau ausprobiert werden können. Mitgliedsgemeinden von Samtgemeinden können meist mehr für ihren Ort mitreden als in Einheitsgemeinden. Die Ohnmacht der Ortsräte muss beseitigt werden.
B. Prosperierende ländliche Räume
Praxisbeispiel: Jan hat sich nach seinem Abitur entschlossen, in der Region zu bleiben, in der er aufgewachsen ist. Er wohnt in einer Stadt mit 20.000 Einwohnern und wird bei einem regionalen Betrieb eine Ausbildung absolvieren. Die wirtschaftliche Gesamtsituation in Jans Heimatregion ist gut. Die Geburtenrate ist hoch. Trotzdem haben Unternehmen Schwierigkeiten, Fachkräfte zu finden. Allmählich steigen die Mieten, während die Verfügbarkeit von Bauplätzen sinkt. Jan würde gerne langfristig in der Region wohnen bleiben, macht sich jedoch Sorgen, ob die guten Rahmenbedingungen langfristig erhalten bleiben.
Wir Freie Demokraten wollen es Jan ermöglichen, in der Stadt wohnen zu bleiben, in der er aufgewachsen ist, dort eine Familie zu gründen und ein Haus zu bauen.
Erfolgreiche ländlichen Räume in Niedersachsen müssen auch in Zukunft erfolgreich sein. Dazu müssen ländliche Regionen mehr Freiräume bekommen, eigene Entscheidungen zu treffen.
Die Attraktivität gut erschlossener ländlicher Räume steigt auch durch den Trend zum Homeoffice. Die Verbindung von Beruf und höherer Freizeitqualität stellt hier für viele Menschen einen entscheidenden Vorteil dar. Wir wollen die Voraussetzungen schaffen, dass hier auch in Zukunft Wohnflächen geschaffen werden können.
Wir Freie Demokraten erteilen Ansätzen, die eine Neuausweisung von Bauflächen komplett verbieten wollen, eine klare Absage. Allerdings ist bei der geplanten erstmaligen Bebauung von Ackerböden stets die landwirtschaftliche Nutzung des Bodens gegenüber den geplanten Zielen der Neubebauung abzuwägen. Der Nachverdichtung vorhandener Siedlungsstrukturen und der Umnutzung von Gewerbe-, Verkehrs- und Industrieflächen im Sinne des Klimaschutzes ist grundsätzlich der Vorrang vor einer großflächigen Versiegelung zusätzlicher Flächen einzuräumen. Diese Regel passt jedoch nicht für jede Ortschaft in jeder Gemeinde. Wir möchten es Ortschaften und Stadtteilen, insbesondere im ländlichen Raum, ermöglichen, auch
das Bauen in zweiter Reihe zuzulassen, wenn keine zwingenden Gründe entgegenstehen. Außerdem müssen vermehrt Konzeptvergaben für Bauplätze durchgeführt werden. Bei Interessenbekundungs-Verfahren für Bauplätze sollen die Kommunen größere Freiräume erhalten.
Zur Senkung des Flächenverbrauchs und einer auch ökonomisch nachteiligen Zersiedelung befürworten wir die Fortführung und Ausweitung des Modellprojekts zum interkommunalen Flächenzertifikatehandel. Sollten sich die ökologischen und ökonomischen Vorteile auch weiterhin bestätigen, muss Niedersachsen diese Möglichkeit ausbauen.
Wir wollen den ländlichen Raum besser an die Infrastruktur unseres Landes anbinden. Der öffentliche Nahverkehr muss ausgebaut werden. Insbesondere in der Nacht wollen wir mit Angeboten wie Nachtbussen oder Anruf-Sammeltaxis erreichen, dass junge Menschen noch nach Hause kommen. Wir wollen jungen Menschen in Schule und Ausbildung mehr Mobilität ermöglichen, indem die Schülerbeförderung auch in der Sekundarstufe II kostenlos wird.
Im ländlichen Raum wollen wir insbesondere die klein- und mittelständischen Verkehrsunternehmen bei der Umstellung auf eine klimaneutrale und alltagstaugliche Wasserstoff-Mobilität fördern und damit den ÖPNV in Niedersachsen klimaneutral, kundenfreundlich und alltagstauglich aufstellen. Auch die Barrierefreiheit im ÖPNV muss weiter verbessert werden.
Im ländlichen Raum müssen Bahnstrecken und Bahnhöfe, wenn möglich, reaktiviert werden. Ohne eine entsprechende Taktung, Pünktlichkeit und Verlässlichkeit werden jedoch viele Menschen nicht auf die Schiene umsteigen.
Ländliche Regionen werden weiterhin auf motorisierten Individualverkehr angewiesen sein. Wir wollen diesen Verkehr besser mit dem ÖPNV koppeln, damit sich die Angebote gegenseitig ergänzen. Bahn- und Bustaktung müssen besser aufeinander abgestimmt werden. Kostenfreie Parkplätze an Bahnhöfen müssen ausgebaut werden - auch, um Fahrgemeinschaften und Mitfahrgelegenheiten zu unterstützen. Die Kommunen müssen die Möglichkeit erhalten, einfacher und günstiger Mitglied in regionalen Verkehrsverbünden zu werden und diese Mit-
gliedschaften miteinander zu kombinieren. Der Ausbau von Tankstellen für CO2-neutrale Antriebe muss forciert werden.
In prosperierenden ländlichen Räumen stellt sich die Frage nach kommunalen Fusionen oftmals nicht. Der Mangel an geeigneten Flächen für neue Wohn- oder Gewerbegebiete ist für viele Gemeinden jedoch Anlass zur interkommunalen Zusammenarbeit. Das Land muss Projekte fördern, mit denen Kommunen, innerhalb eines Landkreises, aber auch kreisübergreifend, gemeinsame neue Gewerbegebiete schaffen können. Die Vorhabenplanung kleinerer Kommunen scheitert oftmals an den fehlenden Personalkapazitäten. Wir wollen die Möglichkeiten für Kommunen ausbauen, sich Planungskapazitäten zu teilen.
C. Dynamische Städte
Praxisbeispiel: Annika lebt seit einigen Monaten in einer Stadt mit über 160.000 Einwohnern,
die in den kommenden Jahren weiter wachsen wird. Trotz einzelner Probleme in bestimmten Stadtteilen sind die wirtschaftlichen Perspektiven der Stadt insgesamt eher gut. Annika kann sich jedoch die steigende Miete in der Stadt kaum leisten. Sie braucht kein eigenes Auto, weil der Öffentliche Personennahverkehr gut ausgebaut ist. Trotzdem nimmt sie wachsende Raumkonflikte zwischen Autos mit Verbrennungsmotor und neuen Formen der Mobilität wahr.
Wir Freie Demokraten wollen es Annika ermöglichen, solange in der Stadt zu wohnen, wie es ihre Ausbildung oder ihre berufliche Tätigkeit erfordern und solange sie dort leben möchte. Wir wollen sie dabei unterstützen, dass in ihrem Umfeld neue Ideen und Technologien ausprobiert werden und das Leben ihrer Mitmenschen einfacher machen.
Wir Freie Demokraten wollen, dass Menschen auch in Zukunft in wachsende und dynamische Städte ziehen und dort leben können.
Die Kommunen müssen das Potenzial der Innenentwicklung besser nutzen können, um, neben der Ausweisung neuer Baugebiete, durch Nachverdichtung bestehender Quartiere zusätzlichen Wohnraum zu schaffen. Dazu müssen wachsende Städte und Gemeinden die potentiellen Flächen erkennen und die Hindernisse einer Bebauung beseitigen. Zu diesem Zweck muss ein digitales Baulücken- und Potenzialflächenkataster eingeführt werden, auf dessen Grundlage die
Gemeinden mit angespannten Wohnungsmärkten konkrete Zeit- und Maßnahmenpläne zur Bebauung dieser Flächen entwickeln können.
In der Landesbauordnung müssen Dachausbau und Dachaufstockung, etwa mit Blick auf Stellplatz- und Aufzugspflichten, vereinfacht werden. Dabei ist diese Maßnahme als Ergänzung zu sehen, die den angespannten Wohnungsmarkt entlasten soll. Die Schaffung barrierefreier Wohneinheiten ist nicht nur vor dem Hintergrund des demografischen Wandels essentiell.
Bei der Nachverdichtung ist aber nicht nur eine gesamtstädtische Verdichtungsstrategie zu verfolgen, es muss auch eine quartiersbezogene Rahmenplanung geben, die dem ursprünglichen Charakter des Viertels Rechnung trägt und auch etwaige Folgen wie die Entwicklung des Verkehrsaufkommens antizipiert. Dazu gehört ein striktes Konzept zur Bewältigung des PKW-Aufkommens der Anwohner.
Auch eine gute Durchlüftung des Quartiers muss selbstverständlicher Teil der städtebaulichen Planung sein. Angesichts der Herausforderungen, die der Klimawandel mit sich bringen wird, ist die Einbindung von Freiflächen, Gewässern und Frischluftschneisen im Städtebau von großer Bedeutung. Gerade in versiegelten und verdichteten Innenstädten sind die Folgen von Hitzeperioden und Starkregen-Ereignissen mitzudenken. Mögliche Antworten sind eine verstärkte Gebäudebegrünung an Dach und Fassade sowie Versickerungs- und Stauflächen für Regenwasser.
Weißer Straßenbelag absorbiert erheblich weniger Wärme als herkömmlicher Straßenbelag und könnte so einen wichtigen Beitrag zur Abkühlung von Innenstädten sein. Daher muss das Land Niedersachsen ein Pilotprojekt zur Erprobung hellerer Straßenoberflächen auf den Weg bringen.
Hürden für den Wohnungsbau wie etwa die Mietpreisbremse oder den Mietendeckel nach Berliner Vorbild lehnen wir ab, weil diese Instrumente nachweislich keine neuen Wohnungen ermöglichen und zu einer Verknappung des Angebots an Mietwohnungen geführt haben. Für die Bewältigung des Wohnraummangels muss die Schaffung von Wohnraum Vorrang vor der Einführung weiterer Hemmnisse haben. Insbesondere Menschen mit geringeren Einkommen haben angesichts eines kleineren Angebots das Nachsehen, weil Vermieter sich eher für
Mieter mit höherem Einkommen entscheiden werden. Auch die zahlreichen Regelungen im Rahmen so genannter Erhaltungsverordnungen oder das immer komplexer werdende Mietrecht machen die Vermietung von Wohnraum unnötig kompliziert. Statt Investitionshemmnisse zu schaffen, müssen die Möglichkeiten zur Abschreibung für Wohnungsbauinvestitionen verbessert werden. Dazu muss die lineare Abschreibung von 2 auf 3 Prozent erhöht werden.
Die Attraktivität einer Stadt bemisst sich auch nach dem kulturellen Angebot. Städte, die nach dem Landes-Raumordnungsprogramm Niedersachsen zum Oberzentrum bestimmt worden sind, verfügen häufig über ein Angebot, das nicht nur die Stadtbewohner selbst nutzen. Theater, Museen, Büchereien oder Sehenswürdigkeiten strahlen weit über die Stadtgrenzen hinaus. Weiterbildungsinstitutionen wie die Volkshochschulen tragen ebenfalls zur Attraktivität der Städte bei. Auch fernab der Kultur stellen Oberzentren wichtige Versorgungspunkte dar. Krankenhäuser, Fachärzte, eine große Dichte von Geschäften und Dienstleistern; dies alles sorgt dafür, dass unsere dynamisch wachsenden Städte nicht nur als Entität für sich
selbst stehen, sondern im ständigen Austausch mit dem Umland stehen und ohne dieses nur schwer ihren Status behalten könnten. Um die Stadt als Oberzentrum weiterhin attraktiv zu halten sind allerdings Anstrengungen nötig. Die einseitige Ausrichtung auf eine Einkaufsinnenstadt ist wenig innovativ und wird vor dem Hintergrund des weiterhin florierenden Onlinehandels und der Outlet-Center vor große Probleme gestellt.
Eine stärkere Regulierung des Onlinehandels zugunsten der Innenstädte lehnen wir ab. Vielmehr muss das kulturelle und soziale Angebot der Städte gestärkt werden. Die bislang häufig vernachlässigte Nutzung der Innenstädte als Wohnraum sollte wieder stärker in den Blick genommen werden. Dynamische Städte in Niedersachsen sollen ihr Profil als Treffpunkt und Aufenthaltsort betonen und ausbauen statt bloßer Standort von Filialisten zu sein. Die Schaffung von innerstädtischen Erlebnisplätzen für unterschiedliche Generationen, die wiederum Begegnung von Menschen aus Stadt und Umland fördern, sowie von Räumen der
Kreativität sehen wir als zentrale und dringliche Aufgabe der Stadtplanung an.
Der bestehende Rechtsrahmen ist oft nicht in der Lage, neuen Geschäftsmodellen, aber auch neuen Raumkonflikten in den Städten angemessen zu begegnen. So passen etwa starre Stellplatzpflichten nicht mehr in die Zeit, wenn mehr Menschen auf Car-Sharing und innovative ÖPNV-Lösungen setzen. Die betroffenen Kommunen müssen bei der Bauleitplanung verstärkt von der Ausweisung als urbanes Gebiet Gebrauch machen, um Mischnutzungen zu ermöglichen.
Das Potenzial des schienengebundenen Verkehrs muss in größeren Städten noch stärker genutzt werden. Wir wollen dazu die Reaktivierung von Stadtteilbahnhöfen fördern. Dazu braucht es ein Bewertungsprogramm der potenziell reaktivierbaren Strecken und Bahnhöfe. Auch beim Zusammenwachsen von größeren Städten und Umland kann der schienengebundene Verkehr eine wichtige Rolle spielen. In den Umland-Regionen sollten neue Baugebiete vor allem entlang der schienengebundenen Verkehrsachsen ausgewiesen werden.
Um das Fahrradfahren noch attraktiver zu machen, muss es vor allem sicherer werden. Innerhalb geschlossener Ortschaften sind Radwege deshalb baulich von der Straße zu trennen, sofern dies nach den örtlichen Gegebenheiten möglich ist.
Die Nutzung von Sammeltaxis, Carsharing und neuen Mobilitätsdienstleistern wird zunehmen. Auch E-Scooter und Leihräder werden sich weiter entwickeln. Die Politik muss heute Konzepte für neue Mobilitätshubs schaffen, an denen sowohl neue als auch hergebrachte Mobilitätsangebote vertreten sind, damit diese einander ergänzen. Schritt für Schritt werden diese Konzepte auch das Umland der Städte erreichen.
Wir Freien Demokraten möchten deshalb den angemessenen gesetzlichen Rahmen für die Zukunft der Mobilität schaffen. Insbesondere im vollautomatisierten Fahren und fahrerlosen Auto sehen wir großes Potenzial für den ländlichen Raum. Auf Bundesebene setzten wir uns aber auch für eine Modernisierung des Personenbeförderungsgesetz ein, um Ride-Sharing oder Ride-Pooling Anbietern eine dauerhafte Geschäftsgrundlage zu geben.
Das Land Niedersachsen muss gemeinsam mit den Kommunen eine eigene Smart-City-Strategie entwerfen, um die Vorteile vernetzter Datennutzung vor Ort nutzbar zu machen. Mit den technischen Möglichkeiten, Daten präzise zu erfassen, sie schneller und besser aufzubereiten, vernetzte Daten zu integrieren, sie zu teilen und intelligent zu nutzen, können Ziele der Stadtentwicklungspolitik besser erreicht werden. Smart City bedeutet die Reduzierung von Informationsbrüchen in der Stadt. So können etwa Prozesse im Verkehrs-, Gesundheits-, Energie- und Umweltbereich effizienter gestaltet und Ressourcen geschont werden. Eine niedersächsische Smart-City-Strategie muss die Anforderungen an den Informationsinhalt, die Detailtiefe und Qualität der zu erhebenden Daten sowie die Anforderungen mit Blick auf IT-Sicherheit definieren.
D. Städte im Strukturwandel
Praxisbeispiel: Lisa und Tarek wohnen zur Miete mit ihren zwei Kindern in einer Stadt mit 50.000 Einwohnern. Die wirtschaftliche Perspektive der Stadt hat sich seit der Schließung des letzten Bundeswehr-Standorts und einiger Industriebetriebe stark verschlechtert. Arbeitslosigkeit und Armutsquote sind relativ hoch. Lisa und Tarek haben den Eindruck, dass die Innenstadt immer unattraktiver wird und dass das Angebot des ÖPNV oft nicht zum tatsächlichen Bedarf passt.
Wir Freie Demokraten wollen es Lisa und Tarek ermöglichen, in einer attraktiven Stadt zu leben, in der Menschen aller Generationen gerne zusammen leben. Wir wollen der Entwicklung ihres Wohnorts eine konkrete Perspektive geben.
Wir Freie Demokraten, wollen Städte und Gemeinden beim anstehenden Strukturwandel begleiten, damit sich attraktive Wohn- und Arbeitsorte sind.
Wir sehen Bauträger in der Pflicht, ihre Gebäude instand zu halten, um die Lebensqualität nicht durch vernachlässigte Bausubstanz zu beeinträchtigen. Sanierungs- oder Zweckentfremdungsverbote gehen in die falsche Richtung. Es gilt Möglichkeiten zu schaffen, günstiger und schneller zu bauen. Nur durch die Beteiligung von Wohnungsbaugenossenschaften, Wohnungsbaugesellschaften und privaten Bauherren kann dem Mangel an bezahlbarem Wohnraum begegnet werden.
Die so genannte Subjektförderung mit Wohngeld muss Vorrang vor einer Objektförderung durch eine angebliche „soziale Wohnungsbauförderung“ haben. Wohngeld bringt mehr als Wohnberechtigungsscheine. Wir wollen die Berechtigung auf Bezug einer Sozialwohnung auf diejenigen Bevölkerungskreise begrenzen, die auf dem Wohnungsmarkt auch mit einem Wohngeldanspruch erfolglos bleiben, weil Vermieter sie trotz ihrer Zahlungsfähigkeit nicht akzeptieren.
Besonders in den Ballungsräumen, aber auch in diversen attraktiven Mittelstädten in Niedersachsen besteht ein großer Bedarf, schnell mehr günstigen Wohnraum zu schaffen. Die Förderung des sozialen Wohnungsbaus ist derzeit nötig, da in den kommenden Jahren viele dieser Wohnungen aus der Sozialbindung herausfallen.
Genauso wichtig ist es aber, diejenigen im Auge zu behalten, die kein Anrecht auf einen Wohnberechtigungsschein haben. Wenn Familien mit zwei Vollzeitgehältern Schwierigkeiten haben, eine Miete in bestimmten Städten zu finanzieren, leiden Vielfalt und Attraktivität der Gemeinde. Deshalb sind Auflagen für den Anteil an Sozialen Wohnungsbau in Neubauquartieren immer mit Augenmaß zu treffen. Je höher sie ausfallen, umso teurer werden alle anderen Wohnungen und es entstehen zu wenig Wohnungen im mittleren Mietpreissegment. Daher sollte die Möglichkeit zur Preisbindung für eine bestimmte Quote eines Neubauprojekts im mittleren Segment verstärkt genutzt werden. Auf diese Weise entstehen bezahlbare Wohnungen und nicht nur Sozialwohnungen sowie solche Wohnungen, die mit einem mittleren Einkommen nicht bezahlbar sind.
Die Probleme in den Städten lassen sich nicht alleine mit den Mitteln aus dem bundesweiten Förderprogramm „Soziale Stadt“ lösen. Deshalb braucht es ergänzend zur Städtebauförderung weitere Partner und auch neue Finanzquellen. Das kann beispielsweise durch die Bündelung der Städtebauförderung mit anderen Förderprogrammen aus den Bereichen Bildung, Beschäftigung, Kinder- und Jugendarbeit geschehen. Wichtige Partner sind zudem die Wirtschaft und Stiftungen, die sich oftmals gerade im Bildungsbereich engagieren. So halten wir es für richtig, dass die zwischen dem Bund und den Ländern geschlossene Verwaltungsvereinbarung unter anderem darauf abstellt, dass vorrangig Gebiete gefördert werden sollen, in denen Kooperationen mit Dritten für ergänzende Maßnahmen geschlossen werden.
Wir wollen die Chancen der Stadtplanung nutzen, um für Sicherheit und Sauberkeit in den Innenstädten zu sorgen. Durch eine bessere Verkehrsanbindung, Beleuchtung und Begrünung vermeintlich oder tatsächlich abgehängter Stadtteile steigern das Sicherheitsgefühl, die Integration in die Stadtgesellschaft und die Identifikation mit der Stadt. Bund und Land müssen bei entsprechenden Förderprogrammen im Bereich der Stadtentwicklung auch den Aspekt der öffentlichen Sicherheit mitdenken.
In vielen Innenstädten Niedersachsens beeinträchtigt der Leerstand von Gewerbeflächen die Attraktivität des Standorts. Durch flexiblere rechtliche Regelungen muss eine Umnutzung dieser Immobilien, etwa zu Wohnzwecken, möglich gemacht werden. Städte brauchen aber auch Experimentierräume für die Chancen der neuen Arbeitswelt. Wenn sich Solo-Selbstständige zu einem Coworking-Space zusammentun oder wenn sich die Homeoffice-Erfahrungen der Corona-Zeit zu einer dauerhaften Lösung entwickeln, entsteht ein neues Entwicklungspotenzial für die Innenstädte. Politik und Verwaltung sollten neuen Geschäftsmodellen, Mischnutzungen und Modellprojekten aufgeschlossen gegenüber stehen.
Wir möchten es auch privaten Unternehmen ermöglichen, sich an der Weiterentwicklung von Quartieren und Innenstädten zu beteiligen. Niedersachsen muss daher schnellstmöglich ein eigenes Gesetz zum Modell der so genannten Business Improvement Districts (BID) beschließen. In solchen räumlich klar umrissenen Bereichen versuchen Grundeigentümer und Gewerbetreibenden gemeinsam, die Standortqualität durch Maßnahmen zu verbessern, die aus dem Aufkommen einer selbst auferlegten und zeitlich befristet erhobenen Abgabe finanziert werden.
Die Förderkulisse von Bund und Land orientiert sich zu oft an sehr großen oder sehr kleinen Einheiten. Förderprogramme müssen stärker auf die Bedürfnisse kleinerer und mittlerer Städte zugeschnitten werden. Die Möglichkeiten, mit denen verschiedene Klein- und Mittelstädte gemeinsam Fördergelder des Bundes, des Landes und der Europäischen Union beantragen können, müssen verbessert werden.
E. Strukturschwache ländliche Räume
Praxisbeispiel: Günther und Anneliese wohnen in ihrem eigenen Haus in einem Dorf mit 1.000 Einwohnern, das zu einer Stadt mit 20.000 Einwohnern gehört. In den letzten Jahren hat die Bevölkerungszahl der Ortschaft, der Gemeinde und des gesamten Landkreises stetig abgenommen. Die Arbeitslosenquote befindet sich über dem Landesdurchschnitt. In den letzten Jahren haben bedeutende Arbeitgeber die Region verlassen. Ladengeschäfte stehen leer. Die medizinische Versorgung wird immer schlechter. Günters und Annelieses Tochter lebt in der Nähe, pendelt aber jeden Tag zwei Stunden mit dem Auto zu ihrer Arbeitsstelle und zurück. Die Enkel haben die Region nach dem Schulabschluss verlassen, weil sie vor Ort nicht die gewünschten Ausbildungsperspektiven gefunden haben.
Wir Freie Demokraten wollen es Günther und Anneliese ermöglichen, dass sie sich weder um die Themen Pflege und Gesundheit noch um Perspektiven für ihre Familie Sorgen machen müssen.
Wir Freie Demokraten wollen eine dauerhafte und nachhaltig positive Perspektive für ländliche Räume, die heute unter Strukturschwächen zu leiden haben. Dabei ist es nicht hinnehmbar, wenn ausgerechnet jene Regionen, die ohnehin unter einer negativen demografischen Perspektive leiden, beim Ausbau der digitalen Infrastruktur und dem Zugang zu wichtigen Verkehrsachsen zusätzlich abgehängt werden.
Der Ausbau der digitalen Infrastruktur kann, etwa aufgrund der Tendenz zur Arbeit im Homeoffice, schnell zu einer Attraktivitätssteigerung des ländlichen Raumes führen. Auch die Beschleunigung von Verkehrs- und Bauprojekten ermöglicht eine bessere Teilhabe des ländlichen Raumes an der Entwicklung des gesamten Landes. Bauplanungs- und Bauordnungsrecht müssen für die betroffenen Kommunen zusätzliche Freiräume enthalten, damit neue Ansiedlungen möglich sind. Dies betrifft, in engen Grenzen, auch das Bauen in zweiter Reihe und das Bauen im Außenbereich. Auf diese Weise können auch die Erfordernisse unterschiedlicher Generationen miteinander verbunden werden.
Dorfkerne sollten zunehmend als Dorf- oder Mischgebiete deklariert werden, sodass Gewerbebetrieb vereinfacht parallel zu Wohnnutzung stattfinden kann. Nutzungsänderungen im Bestand müssen vereinfacht werden, um Leerstand vorzubeugen, wenn beispielsweise eine ehemalige Gewerbeimmobilie in eine Wohnimmobilie umgewandelt werden soll. Dies beugt dem Aussterben von Dorfkernen vor.
Nutzungsänderungen können aber auch die Wohnnutzung durch unterschiedliche Generationen vereinfachen. Oftmals verpassen ältere Menschen den richtigen Zeitpunkt, um aus ihrem Haus in kleinere Einheiten zu ziehen. Gleichzeitig sind jüngere Menschen auf der Suche nach Wohnraum. Durch neue Wohnprojekte, betreutes Wohnen und Alten-Wohngemeinschaften können die Interessen verschiedener Generationen zusammen gedacht werden.
Die Versorgung mit Lebensmitteln und Post im ländlichen Raum wird sich durch die Digitalisierung verändern. Wir wollen schon heute die Voraussetzungen schaffen, damit Versorgungsmodelle mit Online-Bestellungen und Lieferdepots, aber auch mit Drohnen, funktionieren. Wir setzen uns aber auch für den Erhalt der "Tante Emma Läden" ein, weil sie speziell für ältere Mitbürger zur Kommunikation beitragen.
Einen weiteren entscheidenden Faktor stellt die gesundheitliche Versorgung auf dem Land dar. Um flächendeckend gleichwertige Lebensverhältnisse zu ermöglichen, muss diese auch in strukturschwachen ländlichen Räumen wohnortnah und zu jeder Zeit sichergestellt werden.
Wir sind für die Etablierung eines dreistufigen Versorgungssystem von regionalen Gesundheitszentren (Basisversorgung) zu Regionalversorgern mit eventueller Spezialisierung und Maximalversorgern. Denn die Ressourcen, die uns zur Verfügung stehen, sind endlich.
Durch Zusammenlegung und Spezialisierung von Krankenhäusern kann der Personalmangel bei Ärzten und Pflegepersonal gemildert und die Versorgungsqualität verbessert werden. Für Regionen ohne Krankenhausstandort bedarf es eines Ausgleichs, dieser kann durch den weiteren Auf- und Ausbau Medizinische Versorgungszentren (MVZ) geschehen. Zusätzlich sollten regionale Notfallleitstellen umfänglich ausgebaut werden inklusive der Einführung eines Priorisierungssystems zur effizienten Vermittlung von Patientenströmen an 24 Stunden am Tag und sieben Tagen der Woche.
Daneben soll das Land zusätzliche Stipendien für zukünftige Landärzte bereitstellen. Eine verpflichtende Landarztquote mit Sanktionssystem lehnen wir jedoch ab. Stattdessen sollen die Gesamtstudienplatzzahlen in der Humanmedizin in Niedersachsen weiter erhöht werden.
Weiter setzen wir uns dafür ein, den Beruf des Landarztes attraktiver zu gestalten. In diesem Zuge müssen die Möglichkeiten vereinfacht werden, als Ärztin oder Arzt in einer Teilzeitstelle auf dem Land tätig zu sein
Auch die Möglichkeiten der Telemedizin müssen voll ausgeschöpft werden. Diese soll bereits in der medizinischen Ausbildung einen elementaren Bestandteil darstellen.
Bildungsmigration ist einer der entscheidenden Faktoren für die demographische Entwicklung im strukturschwachen ländlichen Raum. Daher fordern wir für Azubis und Studenten Bildungsangebote staatlicher Bildungseinrichtungen, die als Fernstudium oder Onlineunterricht sowie MOOCs (Massive Open Online Courses) ausgestaltet sind. So soll der angestrebte Bildungsweg für alle Niedersachsen ermöglicht werden. Darüber hinaus fordert die FDP Niedersachsen, den dezentralen Ausbau dualer Studienangebote gerade in klein- bis mittelgroßen Städten zu unterstützen, um der Abwanderung von jungen Menschen zur Aufnahme eines Studiums entgegenzutreten und ihnen eine akademische Zukunft auf dem Land zu bieten.
Bei Förderprogrammen für strukturschwache Kommunen können diese oftmals den nötigen Eigenanteil nicht aufbringen. Bestehende und neue Programme müssen daher auch Möglichkeiten enthalten, wie eine Gemeinde den Eigenanteil durch andere Leistungen ersetzen oder auf diesen verzichten kann. Auf kommunaler Ebene setzen wir uns zunächst für eine Erneuerung des Zukunftsvertrages für Samt- und Einheitsgemeinden unter 10.000 Einwohner ein. So möchten wir sinnvolle Anreize für eine Entschuldung der Gebietskörperschaften und einen Reformprozess geben, die die Kommunen von unten nach oben selbst gestalten können.