Eckpunkte für Verträge des Landes mit Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaften
Der Landesvorstand hat beschlossen:
Verträge des Landes mit Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften stellen eine etablierte Form zur Regelung des Miteinanders von Staat, Religion und Weltanschauung in Niedersachsen dar. Vor diesem Hintergrund steht dieses Instrument grundsätzlich auch zur Regelung der Beziehungen des Staates und islamischer Religionsgemeinschaften zur Verfügung, was von den Freien Demokraten in Niedersachsen grundsätzlich begrüßt wird.
Vor diesem Hintergrund fordern die Freien Demokraten Niedersachsen folgende Eckpunkte bei der Erarbeitung entsprechender Verträge zu berücksichtigen:
I. Klarheit der Regelungen
Die Regelungen sind so präzise wie möglich zu formulieren. Die vertraglichen Regelungen müssen aus sich heraus ohne weiteres verständlich sein. Rein symbolische oder deklaratorische Elemente und Absichtserklärungen, deren rechtliche Bindungswirkung umstritten oder überhaupt nicht gegeben ist, sollen nicht Bestandteil von Verträgen sein. Diese führen etwa im Hinblick auf die Grundrechte zu dem fatalen Eindruck einer Relativierung, erschweren nur unnötigerweise die Verständlichkeit und erhöhen die Komplexität des Religionsverfassungs- und Vertragskirchenrechts. Dies behindert wiederum die öffentliche Nachvollziehbarkeit und Akzeptanz entsprechender Regelungen erheblich.
II. Beteiligung von Öffentlichkeit und Parlament
Die öffentliche Nachvollziehbarkeit und Akzeptanz entsprechender Regelungen ist für die Freien Demokraten von entscheidender Bedeutung. Die Zeiten, dass solche Verträge hinter verschlossenen Türen ausgehandelt worden sind und dem Parlament nur die Möglichkeit eingeräumt wurde zuzustimmen oder abzulehnen, sind vorbei, zumal es sich abgesehen vom Konkordat nicht um Staatsverträge i. S. der Niedersächsischen Verfassung handelt. Deshalb fordern die Freien Demokraten, dass – sofern die Gültigkeit entsprechender Verträge von der Zustimmung des Landtages abhängig gemacht wird – dem Landtag ermöglicht wird, selbst an der Vertragsgestaltung maßgeblich mitzuwirken und eine breite öffentliche Debatte über Ziele und Inhalte solcher Verträge geführt wird.
III. Gleichbehandlung von Religionsgemeinschaften
Im Hinblick auf die inhaltliche Ausgestaltung ist der Gleichheitsgrundsatz von grundlegender Bedeutung. Unzulässige Diskriminierungen oder Privilegierungen gegenüber anderen Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaften darf es nicht geben. Dabei wird allerdings anerkannt, dass bestimmte Privilegien davon abhängig sind, ob eine Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts hat.
IV. Trennung von Kooperation und Repräsentation
Das Grundgesetz und die Niedersächsische Verfassung garantieren die Zusammenarbeit von Staat, Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaften, bspw. beim Religionsunterricht. Für diese Kooperation ist jedoch nicht erforderlich, dass Gemeinschaften alle Anhänger einer Religion oder Weltanschauung vertreten. Umgekehrt darf die Kooperation des Staates auch nicht den Eindruck erwecken, die Vertragspartner würden auch diejenigen Anhänger einer Religion vertreten, die nicht Mitglied der jeweiligen Verbände sind. Vor diesem Hintergrund dürfen vertragliche Regelungen auch nicht zu einem faktischen Alleinvertretungsanspruch führen.
V. Bekämpfung religiösen Extremismus
Die Bekämpfung religiös motivierten Extremismus ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, aber auch und besonders der Religionsgemeinschaften, die vielfach noch am ehesten einen Zugang zu sich radikalisierenden Menschen finden können. Dies sollte in entsprechenden Verträgen seinen Ausdruck finden, indem sich die islamischen Religionsgemeinschaften verpflichten, eine flächendeckende aktive Jugend- und Präventionsarbeit gegen den islamischen Extremismus zu etablieren.
VI. Möglichkeit der Vertragskündigung
Verträge mit Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaften enthalten in der Regel so genannte Freundschaftsklauseln, die verhindern, dass die Verträge einseitig aufgehoben oder geändert werden können. Rechtlich umstritten ist, unter welchen Bedingungen dennoch einseitig Änderungen vorgenommen werden können. Besser für beide Seiten ist, konkrete Kündigungsmöglichkeiten einzuräumen, wie sie bspw. die Verträge mit den beiden jüdischen Gemeinschaften vorsehen.