Handlungsfelder liberaler Pflegepolitik

Der Landesparteitag hat beschlossen:

Die Professionelle Pflege entwickelt sich immer mehr zu einem gesellschaftlichen Engpass. Daher sieht die FDP Niedersachsen erheblichen Handlungsbedarf, damit auch in Zukunft zumindest das heutige Niveau an Pflege und Betreuung gehalten werden kann. Dazu bedarf es einer nüchternen Analyse der Fakten. Darauf aufbauend sind Schlussfolgerungen zu ziehen, die diesen Bereich in die Lage versetzen, seine nun einmal unverzichtbare gesellschaftliche Aufgabe zu erfüllen.

Einleitung

In Niedersachsen waren in 2012 rund 260.000 Menschen langzeit-pflegebedürftig. Bis 2022 wird sich diese Zahl auf rund 310.000 erhöhen und bis 2050 nahezu verdoppeln. Je nach Ausgestaltung des Pflegebedürftigkeitsbegriffs und je nach Leistungsrecht der pflegerelevanten Sicherungssysteme können die Leistungsempfänger noch mehr werden.

Etwa 2/3 der pflegebedürftigen Senioren werden zu Hause versorgt. Ein Drittel lebt in einer stationären Einrichtung. In beiden zusammen arbeiteten in 2012 in Niedersachsen rund 105.000 Pflegekräfte, davon rund 36.000 Fachkräfte mit dreijähriger Berufsausbildung. Daraus lässt sich leicht errechnen, dass wir in Niedersachsen schon in den kommenden 10 Jahren vor mehreren großen Herausforderungen stehen:

  1. Diejenigen, die aus Altergründen oder wegen Berufsunfähigkeit oder aufgrund von Demotivation aus dem Beruf ausscheiden, sind zu ersetzen.
  2. Die zunehmende Zahl von Pflegebedürftigen wird darüber hinaus einen Netto-Zuwachs an Pflegepersonal und an Fachpersonal erfordern.
  3. Die stark ansteigende Zahl von an Demenz erkrankten Menschen wird in der Seniorenpflege eine strukturelle Verschiebung hin zu entsprechend qualifiziertem Personal erfordern. Weil die Multimorbidität ebenfalls zunimmt, erhöht sich der Bedarf zusätzlich. Eine zunehmende Zahl Pflegebedürftiger mit Migrationshintergrund erfordert besondere kulturelle Sensibilität.
  4. Indem "Pflege" nach wie vor überwiegend ein Frauenberuf ist, gibt es einen hohen Anteil an Teilzeitbeschäftigung. Es wird darauf ankommen, die Teilzeitquote wieder zu reduzieren.
  5. Die Arbeitsbedingungen müssen so erlebt werden können, dass der Wiedereinstieg in den Beruf nach einer Familienphase attraktiv ist.
  6. Der Wechsel von der Pflege in andere Berufe, insbesondere nach der Familienphase, muss umgekehrt werden.

Die Kliniken in Niedersachsen erleben - wie in der gesamten Republik - eine steigende Anzahl von Fallzahlen bei reduzierter Bettenzahl. Die Fallzahl bewegt sich in Niedersachsen auf die 2-Millionen-Marke zu, von 1,5 Millionen in 1993. Die Belastung der Pflegekräfte steigt jedoch stärker, als es die reine Zunahme der Fallzahlen vermuten lässt. Der Grund liegt im Finanzierungssystem der Krankenhäuser. Die aufgrund der diagnosebezogenen Fallgruppen (DRGs: Diagnosis Related Groups) weiter sinkende durchschnittliche Verweildauer verdichtet die Arbeit der Pflegekräfte auf die besonders pflegeintensiven Tage.

Im Krankenhaus ist die Zahl der Pflegekräfte fast konstant geblieben. Allerdings hat es eine starke strukturelle Verschiebung hin zur Teilzeitbeschäftigung gegeben. Ihr Anteil liegt bei rund 50% von rund 50.000 Pflegekräften in unseren Kliniken (Quelle: Stat. Bundesamt). In der Netto-Betrachtung hat daher die Zahl der insgesamt zur Verfügung stehenden Arbeitsstunden abgenommen. Auch wenn Teile der früher von Pflegekräften geleisteten Arbeit heute von Funktionskräften übernommen werden, gleicht dies die erhöhte Belastung keinesfalls aus. Im Ergebnis werden zukünftig vor allem mehr Fachkräfte benötigt als heute. Hierzu trägt eine weitere Entwicklung bei, die unumkehrbar ist: Aufgrund der demographischen Entwicklung steigt die Zahl der von Demenz betroffenen Patienten überdurchschnittlich. Dies verlangt eine strukturelle Verschiebung hin zu qualifizierterem Personal in dieser Hinsicht.

Auch im Bereich der medizinischen Rehabilitation hat sich die Nachfrage deutlich erhöht. Durch das unter liberaler Federführung beschlossene Pflege-Neuausrichtungs-Gesetz wird sie weiter steigen. Denn seit dem 01.01.13 sind die Ansprüche der pflegebedürftigen Versicherten konkretisiert und durch klarere Verfahrensregelungen gestärkt worden. Unabhängig davon bekommt die Prävention durch Rehabilitation bei einer älteren und weniger werdenden Erwerbsbevölkerung ohnehin größere Bedeutung. Ebenso wie die ambulante und stationäre Pflege und die Akutpflege in Kliniken hat auch die medizinische Rehabilitation die Herausforderung zu bestehen, die durch an Demenz erkrankte Menschen auf sie zukommt. In jedem Fall verlangt diese Entwicklung eine höhere Zahl von Pflegekräften als heute, die fachlich versiert damit umgehen können. Bundesweit arbeiten inzwischen (2012) rund 32.000 Pflegekräfte in Vorsorge- und Reha-Einrichtungen. (Zahlen nur für Niedersachsen liegen derzeit nicht vor.) Ihre Zahl wird sich aufgrund unserer sozialrechtlichen Rahmenbedingungen und der demographischen Entwicklung voraussichtlich auch weiterhin um 1% pro Jahr erhöhen, sofern der Arbeitsmarkt dies hergibt.

Für alle drei Bereiche gilt:

Neben der demographischen Entwicklung wird die Zahl der für die konkrete Arbeit zur Verfügung stehenden Pflegekräfte durch weitere Faktoren beeinflusst. Dies sind der Krankenstand einerseits und die Zahl der Berufs- und Erwerbsunfähigkeiten andererseits.
Generell kann festgestellt werden, dass der Krankenstand in der Professionellen Pflege höher ist als im Durchschnitt aller Berufsgruppen. Damit verteilt sich die Belastung auf prozentual weniger Schultern als in anderen Sektoren der Wirtschaft.
Ebenfalls kann festgestellt werden, dass der vorzeitige Ausstieg aus dem Beruf aufgrund von Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit höher ist als im Durchschnitt aller Beschäftigten (bei Frauen um mehr als die Hälfte).

Das Fazit insgesamt für die Professionelle Pflege:

  1. Alle drei oben genannten Bereiche erleben eine stark wachsende Nachfrage. Sie brauchen - netto - zusätzliches, qualifiziertes Personal. Dieser Zusatzbedarf steigt von Jahr zu Jahr - einhergehend mit der demographischen Entwicklung und der Entwicklung der Multimorbidität sowie des Fortschreitens der Erkrankungen aus dem Formenkreis Demenz. Hinzu kommt die Abnahme der Laienpflege.
  2. Der Ersatzbedarf ist höher als in anderen Sektoren der Wirtschaft, weil in der Pflege aus den Arbeitsbedingungen eine überdurchschnittliche Quote an Krankheitsfällen resultiert.
  3. Der Ersatzbedarf in der Professionellen Pflege ist zusätzlich deshalb höher als in anderen Sektoren der Wirtschaft, weil durch die Arbeitsbedingungen Pflegekräfte früher als der Durchschnitt aller Arbeitnehmer aus dem Beruf ausscheiden.

Aus dem Fazit ergibt sich, dass die Demographische Entwicklung einen höheren Anteil an allen Beschäftigten für den Bereich Pflege erfordert. Dies alles ist vor dem Hintergrund einer tendenziell abnehmenden Zahl von Erwerbstätigen - auch aufgrund der demographischen Entwicklung - von besonderer Brisanz. Das heißt konkret, dass die Professionelle Pflege aus anderen Wirtschaftssektoren netto Arbeitskräfte für sich mobilisieren muss. Das ist die gegenläufige Entwicklung im Vergleich zu heute. Bedenklich dabei ist vor allem, dass wir jährlich Tausende von Fachkräften an das Ausland verlieren.

Die Gründe dafür bezeichnen zugleich die vorrangigen Handlungsfelder in Deutschland:

  • weniger Bürokratie = mehr Zeit für Pflege = mehr Motivation
  • mehr Verantwortung = weniger Abhängigkeit von ärztlichen Entscheidungen
  • mehr Vertrauen in die Fachlichkeit der professionell Pflegenden = weniger Misstrauen und Kontrolle
  • deutlich bessere Vergütung

Nur wenn wir auf diesen Handlungsfeldern Erfolg haben, können wir das Ziel erreichen:

Der Anteil der professionellen Pflege an allen Erwerbstätigen muss sich bis 2050 verdoppelt haben. Der jetzige Fachkraftmangel ist nur der Vorbote eines Fachkraftnotstandes in der Pflege und eines Pflegenotstandes insgesamt. Wenn keine durchgreifende Neuausrichtung der Pflegepolitik erfolgt, ist es absehbar, dass zukünftig nicht mehr jeder die notwendige pflegerische Versorgung - in welchem Bereich auch immer - erhält.

Die Situation für zukünftige Pflegebedürftige wird verschärft durch die gesellschaftliche Entwicklung. Hier ist zu nennen die zunehmende Zahl von Einpersonenhaushalten und damit verbunden die erhöhte Erwerbstätigkeit von Frauen, die somit für die Laienpflege entfallen. Wohlgemerkt ist dies keine Kritik. Diese in vielerlei Hinsicht positive Entwicklung verlangt jedoch nach Konsequenzen für die Pflege. Denn alles, was die Laienpflege nicht leistet, muss die Professionelle Pflege tun - umgekehrt geht es nicht.

Um dem Mangel an Nachwuchs zu begegnen, wurden bereits diverse Initiativen und Kampagnen in Bund und Ländern gestartet. Ziel war und ist es das über Jahre hinweg gewachsene negative Image der Pflege wieder zu verbessern. Zudem wird seit einigen Jahren das Anwerben von ausländischen Pflegekräften gefördert und es werden entsprechende private Initiativen unterstützt.

Damit alle Ausbildungs- und Anwerbekampagnen langfristig zum Erfolg führen, wird es jedoch von entscheidender Bedeutung sein, ob es gelingt:

  1. die Pflegekräfte länger als heute im Beruf zu halten,
  2. die Pflegekräfte nach einer Familienphase wieder für den Beruf zu interessieren,
  3. den Krankenstand zu senken und
  4. die Teilzeitquote zu senken.

Hierzu brauchen wir andere Rahmen- und Arbeitsbedingungen, unter denen die Professionelle Pflege täglich stattfindet.

Dabei kommt der Hebung der Reserven, die vor allem in einem pflegerischen Einsatz der Pflegekräfte liegen besondere Bedeutung zu. Das derzeit "falsch" eingesetzte Personal lässt sich seriös auf über 100.000 Mitarbeiter errechnen (2014). Sie sind ausschließlich mit "Schreibe" beschäftigt anstatt mit Pflege. Der Hauptteil davon entfällt auf die Beschäftigung mit einer umfangreichen Über-Dokumentation, die den Bezug zur pflegerischen Notwendigkeit und Sinnhaftigkeit längst verloren hat. Wir hätten einen anderen Blick auf den Pflegenotstand, wenn schon ein Teil dieser Kräfte wieder für die Pflege zur Verfügung stünde. Im Hinblick auf die Arbeitsbedingungen ist zu ergänzen, dass die Beschäftigung mit pflegerisch Sinnlosem die Motivation beschädigt und zum frühen Berufsausstieg beiträgt. Die folgenden Abschnitte analysieren die heutigen Arbeits- und Rahmenbedingungen in den jeweiligen Bereichen und listen die Entscheidungsträger und ihre notwendigen Handlungsfelder auf, um die Rahmen- und Arbeitsbedingungen zukunftsfähig zu verändern. Dabei ist der FDP Niedersachsen bewusst, dass es hierfür (noch) keine Koordinierung gibt. Es ist daher Aufgabe aller Beteiligten, ihren Beitrag zu leisten anstatt mit dem Finger auf andere zu zeigen. Dies gilt auch und insbesondere für die Länder, die sich überwiegend ihren Finanzierungspflichten für die Investitionskosten, sowohl bei den Krankenhäusern als auch in der stationären Pflege, entziehen. Eine mögliche und aus Sicht der FDP Niedersachsen sinnvolle Initiative ist es, eine beim Kanzleramt angebundene "Konzertierte Aktion Pflege" ins Leben zu rufen, die sich mit konkreten Handlungsaufforderungen an die Akteure befasst, hierzu Beschlüsse empfehlenden Charakters fasst und regelmäßig tagt und die Fortschritte und Versäumnisse kommuniziert. Dies wiederum sollte auf einer bundesgesetzlichen Grundlage geschehen.
Dazu will die folgende Auflistung eine sachliche Grundlage als Anfang bieten.

Inhalte im Einzelnen

1          Rahmen und Arbeitsbedingungen in der professionellen Pflege verbessern

1.1       Akzeptanz der Professionalität der Pflege, materielle und immaterielle Anerkennung und Wertschätzung in der ambulanten und stationären Altenpflege verbessern

1.1.1     Verantwortung der Politik

1.1.2     Verantwortung der Kostenträger

1.1.3     Verantwortung der Arbeitgeber/Träger der Pflegeeinrichtungen

1.1.4     Verantwortung der Pflegekräfte

1.1.5     Verantwortung der Gesellschaft / Pflegebedürftigen / Angehörigen / rechtlichen Betreuer

1.1.6     Verantwortung der Öffentlichkeit (Gesellschaft) und Medien

1.2       Stellung der Pflege im Gesundheitswesen

1.3       Akzeptanz der Professionalität der Pflege, materielle und immaterielle Anerkennung und Wertschätzung in der Pflege im Krankenhaus verbessern

1.3.1     Verantwortung der Politik

1.3.2     Verantwortung der Kostenträger

1.3.3     Verantwortung der Krankenhäuser

1.3.4     Verantwortung der Pflegekräfte

1.3.5     Verantwortung der Öffentlichkeit (Gesellschaft) und Medien

2          Unternehmerische Freiheit in der Pflege wieder erlangen

2.1       Verantwortung der Politik

2.2       Verantwortung der Kostenträger

2.3       Verantwortung der Unternehmer

2.4       Verantwortung der Medien

3          Für eine zukunftsfähige und attraktive Pflegeausbildung

4          Zuwanderung in den Pflegeberufen

4.1       Verantwortung der Politik

4.2       Verantwortung der Kostenträger

4.3       Verantwortung der Einrichtungen

4.4       Verantwortung der Pflegekräfte

4.5       Verantwortung der Öffentlichkeit (Gesellschaft) und Medien

 

Rahmen und Arbeitsbedingungen in der professionellen Pflege verbessern

Akzeptanz der Professionalität der Pflege, materielle und immaterielle Anerkennung und Wertschätzung in der ambulanten und stationären Altenpflege verbessern

Vorbemerkung

Professionelle Pflege wurde mit Einführung der Pflegeversicherung 1995 auf einen technischen Vorgang (Durchführung von Verrichtungen) reduziert. Grund hierfür war die Übertragung der Einstufungsvoraussetzungen (Feststellen von Defiziten) in die pflegerischen Leistungen (Ausgleich dieser Defizite).

Eine vorher ganzheitliche Pflege nach Zeit wurde in einzelne pflegerische Maßnahmen, wie z. B. An- und Ausziehen, Waschen/Duschen, Kämmen, Zahnpflege etc. aufgeteilt. Im ambulanten Bereich wurden einzelne Verrichtungen zu den so genannten Leistungskomplexen zusammengefasst. Durchsetzen konnte sich diese Zergliederung, weil die Leistungskomplexe zugleich Abrechnungsgegenstand wurden. Vergütet wurde damit nur noch eine pflegerische Verrichtung. Zuwendung und Kommunikation bleiben unhonoriert, weil dafür keine "eigene Zeit" zur Verfügung steht, und es kommt bei den Pflegekräften zu einem Gefühl der "Pflege am Fließband". Dieses läuft den Vorstellungen von guter Pflege zuwider und führt zu Sinnleere für Pflegekräfte.

Hinzu kommt, dass durch die Vorschriften des SGB XI, hier insbesondere die Qualitätsprüfrichtlinie (QPR) nach § 114 SGB XI, die Pflege durch die Pflegekassen bzw. den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) bis ins Detail normiert wurde und wird. Ob und wie die einzelnen Verrichtungen durchgeführt werden, muss die Pflegekraft per Handzeichen bestätigen. Was nicht aufgeschrieben wurde, gilt als nicht erbracht.
Bei einer sogenannten Qualitätsprüfung zählt nicht das Pflegeergebnis, sondern das, was aufgeschrieben wurde. Hinzu kommt, dass die Fachlichkeit der Pflegekräfte ständig in Frage gestellt wird. Mittlerweile ist die Pflege durch ein generelles Misstrauen und Unsicherheit geprägt. Es wird fast nur noch für Prüfungen und Auseinandersetzungen dokumentiert und nicht um die Pflegekräfte in ihrer Arbeit zu unterstützten. Auf die pflegerische Sinnhaftigkeit kommt es nicht mehr an.

Schon in 2009 wurden jährlich über 2,7 Milliarden Euro für die Pflegedokumentation einschließlich der Leistungsnachweise aufgewandt (Statistisches Bundesamt). In 2014 kann seriös gerechnet von 3,8 Mrd. Euro (eigene Berechnungen) ausgegangen werden. Dies entspricht bei dem aktuellen Lohnniveau dem Äquivalent von über 100.000 Mitarbeiterstellen. Hier liegt die Hauptreserve, um kurz- und mittelfristig den Pflegenotstand zumindest zeitlich hinauszuzögern.

Hinzu kommen: Das Einrichten einer Pflegedokumentation dauert stationär rund 6,5 h und ambulant rund 3,25 h. Auf Grundlage der Ergebnisse des Statistischen Bundesamtes wendet eine Pflegefachkraft zirka 13% ihrer Arbeitszeit pro Schicht (7,7 Minuten pro Stunde) für die Dokumentation auf. Dabei sind die Verwaltungsaufwendungen in Vorbereitung auf Prüfungen aller Art nicht eingerechnet.
Im Folgenden werden die Verantwortlichkeiten von Politik, Kostenträgern, Trägern der Pflegeeinrichtungen, Pflegekräften, der Gesellschaft und der Medien aufgeführt, damit die pflegerische Versorgung langfristig gesichert wird.

Verantwortung der Politik

Abkehr von der verrichtungsorientierten Pflege am "Fließband" hin zur Bedürfnisorientierung, weniger Normierung bei den Arbeitsabläufen und weniger Dokumentation
Unabhängig von einer Reform des Pflegebedürftigkeitsbegriffes zur Einstufung könnten schon heute die Leistungsvereinbarungen weg von einer reinen Verrichtungsorientierung hin zur Bedürfnisorientierung geändert werden. Hierzu wäre eine kurzfristige Reform des SGB XI notwendig, da sich durch das Pflege-Neuausrichtungs-Gesetz (PNG) hieran nichts geändert hat, denn auch bei der Zeitvergütung in der Grundpflege hat die Verrichtungsorientierung Bestand. Diese Änderung ist notwendig, damit die Eigenverantwortung der Pflegekräfte und deren Gestaltungsmöglichkeiten in Abstimmung mit dem pflegebedürftigen Menschen wieder Grundlage der Pflege werden. Gleichzeitig würde der Blick auf das Ergebnis der Pflege gelenkt und nicht auf die Vollständigkeit einer Pflegedokumentation. Insgesamt würden so die Eigenverantwortung der Pflegenden und der Pflegeeinrichtungen gestärkt.

Weniger Skandalisierung und Abkehr von der Diskriminierung der Pflege aufgrund von Einzelfällen
Die Voraussetzung ist, dass politische Entscheidungsträger die gesetzlich verankerte Kultur des Misstrauens beenden. Zukünftig dürfen keine politischen Entscheidungen mehr aufgrund von Einzelfällen getroffen werden. Was für andere Bereiche selbstverständlich ist, muss auch für die Pflege gelten. Politik muss akzeptieren, dass mehr Kontrolle mehr Bürokratie jedoch keine Verbesserung der Pflegequalität bringt.

Grundlagen für eine bessere Bezahlung in der Pflege schaffen
Die Kostenträger wurden mit allen Instrumenten ausgestattet, dass sich in der Pflege, der Grundsatz "egal, Hauptsache billig" durchsetzen konnte. Ein Beitrag zur Verbesserung der Arbeits- und Pflegequalität ist nachweislich auch eine bessere finanzielle Ausstattung der Pflegeeinrichtungen. Denn nur dadurch wird eine bessere Bezahlung der Pflegekräfte möglich. Hinzu kommt, dass die gesetzlich festgelegte Deckelung der Vergütungssteigerungen auf die Höhe der Grundlohnsumme (§ 71 SGB V) dazu führt, dass die Pflegekräfte von den allgemeinen Lohnsteigerungen anderer Arbeitnehmer abkoppelt werden, denn in der Grundlohnsumme fließen alle beitragspflichtigen Entgelte auch die der Rentner, die nicht an den allgemeinen Lohnsteigerungen teilnehmen, ein. Diese Deckelung der Vergütungssteigerungen ist aufzuheben. Auch die Einführung der Mindestlöhne lenkt von dem eigentlichen Problem - die Unterfinanzierung der Einrichtungen - nur ab. Der mit dem gesetzlichen Mindestlohn beschrittene Weg, demotiviert die Pflegekräfte zusätzlich, da die Höhe einem Vergleich zu anderen Berufen z.B. Glas- und Gebäudereinigern, Elektrikern, Malern und Bauarbeitern nicht standhält. Die Politik ist gefordert, gesetzliche Grundlagen dafür zu schaffen, dass leistungsgerechte Vergütungen vereinbart werden können.

Pflege bekommt eigene Kompetenzen, die ärztliche Dominanz wird reduziert
Politische Bestrebungen, qualifizierte Pflege durch Laien oder angelernte Kräfte zu ersetzen, müssen beendet werden. Der hierdurch entstehende Eindruck "Pflegen kann Jeder" vermittelt Geringschätzung der pflegerischen Professionalität. Pflege wird so zur haushaltsnahen Dienstleistung abqualifiziert. Ebenso vermittelt die Unterordnung der Pflege unter die Medizin Geringschätzung. Im Rahmen der Reform der Pflegeausbildung sind der Pflege eigene Kompetenzen und Verantwortungsbereiche zuzuweisen. Hierzu gehört u. a. die Möglichkeit zur Verordnung von Hilfsmitteln und/oder Salben zur Durchführung der pflegerischen Prophylaxen (Vorbeugung von Sekundärerkrankungen), von Wundversorgungen oder Inkontinenzprodukten bei gesicherter ärztlicher Diagnose und im Bereich der palliativen Versorgung.

Verantwortung der Kostenträger

Höhere Vergütungen
Die Vergütungen sind zu gering, um diejenigen für den Beruf zu gewinnen oder im Beruf zu halten, für die die Lohnhöhe ein wichtiges Kriterium für die weitere Berufsausübung ist. Das gilt erst recht im Vergleich zu anderen Berufsgruppen. Um Pflegekräfte im Beruf zu halten und neue zu gewinnen, müssen die Vergütungen der Pflegeleistungen steigen. Denn die Pflegeeinrichtungen können nur das an ihre Pflegekräfte weitergeben, was sie von den Kostenträgern erhalten. Alle Kostenträger müssen sich ihrer Verantwortung zur Sicherung der pflegerischen Versorgung stellen und bereit sein, leistungsgerechte Vergütungen zu zahlen.

Anerkennung der Notwendigkeit einer verbesserten Personalausstattung - bessere Personalschlüssel führen zur Verringerung des Zeitdrucks
Bei den Kostenträgern (Kranken- und Pflegekassen und Kommunen) stehen die Einsparinteressen im Vordergrund. In dem sektoralen Denken wird Pflege zwar als notwendig, jedoch als reiner Kostenfaktor gesehen. Damit ausreichend Zeit für die Pflege zur Verfügung steht, sind der Personalschlüssel und die Personalvorhaltung von entscheidender Bedeutung. Die Personalschlüssel müssen endlich an die fachlichen Notwendigkeiten angepasst und entsprechend refinanziert werden. Dieses würde insbesondere in der stationären Pflege zu einer erheblichen Verringerung des Zeitdrucks für die Pflegekräfte führen.

Dieses gilt umso mehr, da für viele Beschäftigte in Pflegeberufen die Erfahrung von Aggressionen und Übergriffen durch pflege- und/oder betreuungsbedürftige Menschen zum Arbeitsalltag gehört. In einer Studie der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst- und Wohlfahrtpflege (BGW 2009) unter Beschäftigten im gesundheitswesen berichteten bis zu 86 Prozent der Befragten, dass sie innerhalb der letzten 12 Monate mindestens verbal attackiert wurden. Bis zu 60 Prozent erlebten auch körperliche Gewalt, zum Beispiel Kneifen, Spucken oder Schläge. Jede dritte befragte Pflege- und Betreuungskraft fühlt sich durch Gewalt und Aggression hoch belastet. Diese erhöhte emotionale Belastung hat einen deutlichen Einfluss auf das Risiko an Burn-out zu erkranken. Die Studie zeigt: Bereitet die jeweilige Einrichtung ihre Mitarbeiter auf gewalttätige und aggressive Pflegebedürftige gut vor, nehmen sie die Situation als weniger belastend wahr. Auch hierfür muss ausreichend Zeit und Personal zur Verfügung stehen, d. h. finanziert werden.

Zusätzliche Aufgaben erfordern zusätzliche Vergütungen
Aufgrund der zunehmenden Zahl von pflegebedürftigen Menschen mit eingeschränkter Alltagskompetenz muss die professionelle Pflege mehr als nur Grundpflege, hauswirtschaftliche Versorgung und Betreuung leisten. Auch die Organisation der Teilhabe dieser Menschen am gesellschaftlichen Leben und die Koordination aller an der Versorgung Beteiligten sind pflegerische Aufgaben. Hinzu kommen die Beratung der Pflegebedürftigen und deren Angehörigen im Hinblick auf Ernährung, Flüssigkeitsversorgung, Vorbeugung von Stürzen etc., die Einbeziehung von Selbsthilfegruppen und vieles mehr. Das alles wird von der professionellen Pflege erwartet und muss damit auch refinanziert werden.

Einbeziehung als eigenständiger Partner in die integrierte Versorgung
Mit der integrierten Versorgung sollen "sektorenübergreifende" Versorgungsformen im Gesundheitswesen entstehen. Die verschiedenen Fachdisziplinen und Sektoren (Hausärzte, Fachärzte, Krankenhäuser und Pflege) sollen sich miteinander vernetzen, um die Qualität der Patientenversorgung zu verbessern. Pflegeeinrichtungen sind hier als eigenständiger Partner zu beteiligen.

Beteiligung an IT-Lösungen und E-health inklusive der Refinanzierung
Pflege ist als Partner an der Entwicklung von IT-Lösungen und im Rahmen der E-health Initiativen auf Bundes- wie auf Landesebene zu beteiligen. Die notwendigen Kosten der Umsetzung sind durch die Kostenträger zu refinanzieren.

Weniger Skandalisierung und Abkehr von der Diskriminierung der Pflege aufgrund von Einzelfällen
Was für die Politik gilt, gilt für die Kostenträger erst recht. Die Pflege insgesamt darf nicht mehr aufgrund von Einzelfällen diskriminiert und die "Zustände" in Pflegeeinrichtungen skandalisiert werden. Mehr Kontrolle bringt mehr Bürokratie, jedoch keine Verbesserung der Pflegequalität. Zudem entsteht eine Vielzahl von pflegerischen Problemen erst durch unverantwortliche Entscheidungen von Kostenträgern zu Lasten der Pflegedürftigen. Dies darf nicht der Pflege angelastet werden.

Verantwortung der Arbeitgeber/Träger der Pflegeeinrichtungen

Arbeitsbedingungen
Jeder Arbeitgeber kann durch flexible Beschäftigungsverträge einen Beitrag zum Verbleib bzw. Wiedereinstieg in die Pflege leisten. Darüber hinaus fördern flexible Beschäftigungsverträge auch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
Klare Strukturen mit Aufstiegs- Veränderungs- und Weiterbildungsmöglichkeiten im Unternehmen sowie die Übernahme zusätzlicher Aufgaben einschließlich deren Honorierung tragen zur Attraktivität des Pflegeberufs bei.

Personalführung
Eine motivierende Personalführung ist neben dem Personaleinsatz und der Personalentwicklung eine der wichtigsten Managementaufgaben, da diese maßgeblichen Einfluss auf die Freude der Mitarbeiter an der Tätigkeit hat. Zu einer erfolgreichen Umsetzung von Führung braucht es neben der Kompetenz der Führungskräfte auch eigene Zeit für die Führungsaufgaben. Dazu gehört eine Befassung im Unternehmen mit dem "Positiven" und weniger Konzentration auf das (angeblich) "Negative".

Arbeitsorganisation und betriebliche Gesundheitsförderung
Die Arbeitgeber sind gehalten, durch den Abbau von "hausgemachter" Bürokratie, die Einführung technischer Unterstützung und den Wegfall berufsfremder Tätigkeiten zur Arbeitszufriedenheit der Pflegekräfte beizutragen. Förderlich hierfür sind verlässliche Dienstpläne unter Berücksichtigung der familiären Bedingungen, gute Fort- und Weiterbildungsangebote sowie eine gezielte betriebliche Gesundheitsförderung zum physischen und psychischen Belastungsabbau. Hierzu gehört neben der Schaffung von Rückzugsmöglichkeiten zum Abschalten und Erholen auch die gute Vorbereitung der Mitarbeiter auf gewalttätige und aggressive Klienten.

Verantwortung der Pflegekräfte

Die Pflegekräfte selbst sind gefordert, sich aktiv mit den Belastungen und Stressfaktoren aus-einanderzusetzen und Verantwortung für den eigenen Belastungsabbau (Eigenverantwortung zur Selbstpflege) zu übernehmen. Hierzu gehört auch die Bereitschaft an Fort- und Weiterbildungen teilzunehmen, die über Belastungen, deren Folgen und Präventionsmöglichkeiten informieren. Darüber hinaus sollten sich die Pflegekräfte aktiv an der Weiterentwicklung und den Einsatz von technischen Möglichkeiten (IT in der Pflege) beteiligen und prüfen, an welchen Stellen der Einsatz den Pflegeprozess unterstützt und effektiv mehr Zeit für die direkte Pflege bringt. Die Personalvertretungen sind gefordert, die Pflegekräfte wirksamer als bisher zu vertreten und zu unterstützen.

Verantwortung der Gesellschaft / Pflegebedürftigen / Angehörigen / rechtlichen Betreuer  

In der Charta der Rechte hilfe- und pflegebedürftiger Menschen wird das Recht jedes Pflegebedürftigen auf Selbstbestimmung und Hilfe zur Selbsthilfe formuliert. Jeder Pflegebedürftige hat das Recht auf Unterstützung, um ein möglichst selbstbestimmtes und selbstständiges Leben führen zu können. Diese Rechte können jedoch nicht dazu führen, dass mit der Inanspruchnahme von professioneller Pflege, ob ambulant oder stationär, die Verantwortung hierfür in Gänze auf die Pflegeeinrichtung und deren Mitarbeiter übertragen wird. Selbstbestimmung heißt auch Eigenverantwortung wahrnehmen. Kann diese Eigenverantwortung auf Grund von Krankheit oder Behinderung nicht selbst wahrgenommen werden, können hierfür Angehörige oder rechtliche Betreuer eintreten. Die Pflege allein ist damit überfordert, sie kann es auch nicht leisten. Die Angehörigen und Betreuer sind mehr als bisher gefordert sich einzubringen. Hinzu kommt, dass sich Dienstleistungsverständnis und Anspruchshaltungen an die Pflege geändert haben. Es muss wieder das rechte Maß einkehren, was Angehörige und Betreuer von Pflegekräften verlangen.

Verantwortung der Öffentlichkeit (Gesellschaft) und Medien

In jedem Bereich, in dem Menschen arbeiten, passieren menschliche Fehler. Die negative Berichterstattung in den Medien spielt im Erleben von Pflegekräften eine größere Rolle als die tatsächliche Meinung der Bevölkerung. Jede Skandalisierung von Einzelfällen wird als Diskreditierung und Abwertung wahrgenommen und erhöht den Druck. Es braucht die gesellschaftliche und mediale Akzeptanz, dass Pflegefehler passieren können. Es muss deutlich werden, dass die Pflegeeinrichtungen ihre Verantwortung zur Vermeidung und Minimierung von Fehlern in der Pflege wahrnehmen.

Stellung der Pflege im Gesundheitswesen

Da die Zahl der Pflegebedürftigen steigen wird, muss die Frage, wie Pflege und Betreuung in Zukunft organisiert werden soll, beantwortet werden. Die ambulanten, stationären und teilstationären Pflegeeinrichtungen werden hier mehr als bisher eine koordinierende und kooperierende Rolle einnehmen müssen. Damit dies erfolgreich sein kann, ist die Stellung der Pflege im Gesundheitswesen als eigenständiger Leistungsbereich zu stärken.
Hierzu gehört die Schaffung eigener pflegerischer Kompetenzbereiche ebenso wie Mitentscheidungsrechte bei Maßnahmen, die die pflegerische Versorgung betreffen.
Die rechtliche Stellung der Pflegeeinrichtungen als gleichberechtigter Partner in allen Bereichen des Gesundheitswesens ist gesetzlich zu verankern. Der Nachweis der pflegerischen Qualität sollte gegenüber einem unabhängigen Institut erbracht werden können. Die Pflegeeinrichtungen erhalten die Freiheit zurück, ihre Einrichtungen individuell zu gestalten, um somit den pflegebedürftigen Menschen ein möglichst breites Angebot machen zu können, damit sie ihre individuelle Versorgungsform wählen können (Erhalt und Ausbau der Angebotspluralität).

Akzeptanz der Professionalität der Pflege, materielle und immaterielle Anerkennung und Wertschätzung in der Pflege im Krankenhaus verbessern

Vorbemerkung

In Niedersachsen gibt es zurzeit 190 Akut-Krankenhäuser, mit fallender Tendenz. Sie beschäftigen etwa 50.000 Pflegefachkräfte. Die sinkenden Bettenzahlen bewirken bei steigenden Fallzahlen eine ständige Verdichtung der Arbeit in der Akutpflege. Damit steigen nicht nur die quantitativen sondern auch die qualitativen Anforderungen an die Pflegekräfte. Ein insgesamt höheres Durchschnittsalter und mehr an Demenz erkrankte Patienten fordern von den Pflegekräften zusätzliche Energie. Zudem steigen die Anforderungen in pflegerischer, medizinischer und technischer Hinsicht und verlangen zusätzliche Fortbildungen.

Mit der Einführung der diagnosebezogenen Fallgruppen (DRG - Diagnosis Related Groups) stieg auch der Verwaltungsaufwand in der Pflege, denn jeder Patient wird zu einem Krankenhausfall, der anhand von medizinischen Daten, sogenannten Leistungsbezeichnern (Haupt- und Nebendiagnosen, Prozedurenkodes, demographische Variablen) in Fallgruppen aufgrund ihrer ökonomischen Ähnlichkeit zugeordnet werden muss. Der Dokumentationsaufwand zur Abrechnungsoptimierung hat sich vervielfacht.

Hinzu kommen hausgemachte Belastungen durch interne Organisationsmängel, unzureichende Interessenvertretung durch die derzeitigen Entscheidungsstrukturen (Stellung der Pflege im Zusammenwirken mit dem ärztlichen Direktor und der Verwaltung) und bewirken eine ständige Erosion der inneren Leistungsbereitschaft.

Sowohl aus Kostengründen als auch um überhaupt den Pflegedienst aufrecht erhalten zu können, werden häufig angelernte Kräfte oder schlecht ausgebildete Pflegekräfte aus dem Ausland eingesetzt, denen es nicht nur an Kenntnissen und Erfahrung mangelt, sondern die sich oft genug auch nicht richtig artikulieren können. Die Defizite der schlecht ausgebildeten Pflegekräfte müssen die erfahrenen Pflegefachkräfte ausgleichen. Dieses belastet zusätzlich.

Verantwortung der Politik

Bessere finanzielle Ausstattung des Pflegebereichs
Die Länder müssen ihren Verpflichtungen zur Finanzierung der Investitionskosten der Krankenhäuser nachkommen. Die DRGs sind so zu überarbeiten, dass eine bessere Differenzierung und Individualisierung möglich ist und sich die Verwaltungs- und Bürokratielasten verringern. Eine Einführung von eigenen Pflege-DRGs würde den Stellenwert des Pflegedienstes in den Krankenhäusern stärken und verhindern, dass überwiegend zu seinen Lasten Einsparungen vorgenommen werden. Zudem ist in einer älter werdenden Gesellschaft eine Deckelung der Vergütungssteigerungen auf Grundlohnsteigerung nach § 71 SGB V nicht mehr zeitgemäß und muss aufgehoben werden.

Eigene Kompetenzbereiche in der Krankenpflege
Der Krankenpflege und somit dem Pflegedienst werden eigene Kompetenzen und Verantwortlichkeiten übertragen. Das Krankenpflegegesetz ist entsprechend zu reformieren. Denn nur ein attraktiver Beruf fördert den Verbleib in der Krankenpflege.Weniger Skandalisierung und Abkehr von der Diskriminierung der Pflege aufgrund von Einzelfällen. Die Forderung für die ambulante und stationäre Pflege gilt auch hier: Zukünftig dürfen keine politischen Entscheidungen mehr aufgrund von Einzelfällen getroffen werden.

Verantwortung der Kostenträger         

Die Krankenkassen sind aufgefordert die Überarbeitung und Spezifizierung der DRGs und die Einführung der Pflege-DRGs zu unterstützen.

Verantwortung der Krankenhäuser       

Bessere finanzielle Ausstattung des Pflegebereichs
Die Verteilung der Mittel innerhalb der Krankenhäuser muss so gestaltet werden, dass der Pflegebereich besser als bisher ausgestattet wird. Die zur besseren personellen Ausstattung der Pflegebereiche von den Krankenkassen zur Verfügung gestellten Mittel müssen auch dafür verwandt werden. Renditeerwartungen in zweistelligen Prozenthöhen gehen aus liberaler Sicht an einem patientenorientierten Versorgungsauftrag vorbei.

Personalmanagement
Das Personalmanagement muss dazu beitragen, die Motivation der Mitarbeiter zu erhalten.Bei der personellen Ausstattung der einzelnen Bereiche ist darauf zu achten, dass das Verhältnis der Stamm-Pflegefachkräfte zu Leiharbeitern, Servicekräften und ausländische Pflegekräften so gestaltet ist, dass der Pflegebereich die Anforderungen sowohl quantitativ wie qualitativ erfüllen kann. Möglichkeiten zur interkulturellen Pflege sind ebenfalls vorzuhalten. Verlässliche Dienstpläne und flexible Beschäftigungsverträge fördern die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Ferner sollte berücksichtigt werden, dass den Pflegekräften ausreichend Zeit für Fort- und Weiterbildung und die Anleitung der Auszubildenden zur Verfügung steht. Eine gezielte betriebliche Gesundheitsförderung zum physischen und psychischen Belastungsabbau mit der Schaffung von Rückzugsmöglichkeiten zum Abschalten und Erholen gehört ebenso dazu wie die gute Vorbereitung der Mitarbeiter auf gewalttätige und aggressive Patienten.

Technische Ausstattung
Die handschriftliche Dokumentation soll durch eine zeitgemäße und zweckmäßige digitale Erfassung (IT-Lösung) ersetzt werden. Hierdurch wird mehr Zeit für die direkte Pflege möglich.

Verantwortung der Pflegekräfte

Wie auch in der ambulanten und stationären Langzeitpflege sind auch in den Krankenhäusern die Pflegekräfte selbst gefordert, sich aktiv mit den Belastungen und Stressfaktoren aus¬einanderzusetzen und Verantwortung für den eigenen Belastungsabbau (Eigenverantwortung zur Selbstpflege) zu übernehmen. Hierzu gehört auch die Bereitschaft an Fort- und Weiterbildungen teilzunehmen, die über Belastungen, deren Folgen und Präventionsmöglichkeiten informieren.

Darüber hinaus sollten sich die Pflegekräfte aktiv an der Weiterentwicklung und den Einsatz von technischen Möglichkeiten (IT in der Pflege) beteiligen und prüfen, an welchen Stellen der Einsatz den Pflegeprozess unterstützt und effektiv mehr Zeit für die direkte Pflege bringt. Die Personalvertretungen sind gefordert, die Pflegekräfte wirksamer als bisher zu vertreten und zu unterstützen.

Verantwortung der Öffentlichkeit (Gesellschaft) und Medien

Bei rund 2 Millionen "Krankenhaus-Fällen" in Niedersachsen und den beschriebenen Rahmenbedingungen lassen sich Fehler, sowohl in der Pflege als auch im medizinischen Bereich keinesfalls ausschließen. Eine Null-Fehler-Forderung wäre unmenschlich. Weil jedoch Menschen in den Kliniken arbeiten, werden auch in Zukunft Fehler passieren, so bedauerlich sie im Einzelfall sind und so sehr sich alle Beteiligten bemühen müssen, sie zu vermeiden. Dies muss in der Öffentlichkeit, der Politik und in der Presse anerkannt werden - wie in jedem anderen Beruf auch. Es darf daher keine Diskriminierung der Pflege bei Fehlern geben, indem Einzelfälle generalisiert werden. Dadurch werden Vorwürfe und Verdächtigungen auch an diejenigen in den Raum gestellt, die davon nicht betroffen sind. Damit wird der weiteren Demotivation in der Pflege zusätzlich Vorschub geleistet. Eine Zahl soll dies verdeutlichen: Wenn bei rund 2 Millionen Krankenhausfällen eine Fehler-Freiheitsquote von 99,9% erreicht würde, käme es im Laufe eines Jahres in Niedersachsen immer noch bei rund 2.000 Patienten zu bedauerlichen Komplikationen. Damit muss die Gesellschaft leben.
Eine am Positiven orientierte Berichterstattung unterstützt das Image der Pflege und wäre ein Beitrag, Pflegekräfte im Beruf zu halten.

Unternehmerische Freiheit in der Pflege wieder erlangen
Für Liberale stellt sich grundsätzlich die Frage, ob ein Unternehmer in der Pflege noch das Eigentum an seinem Eigentum hat. Im Hinblick auf die Entwicklung der letzten Jahre sind aus liberaler Sicht erhebliche Zweifel angebracht. Die Vielzahl von Vorschriften, Nachweispflichten und Reglementierungen bis in die Abläufe des Alltags hinein, bestätigen vielmehr den Verdacht, dass Inhaber von Pflegeeinrichtungen überwiegend fremdbestimmt sind. Verkürzt formuliert, tragen sie selbstständig nur noch das finanzielle und Haftungsrisiko. In gleicher Weise gilt dies auch für die Führungskräfte in den Einrichtungen.

Als Liberale haben wir unseren Anteil daran, Fehlentwicklungen der Vergangenheit zumindest geduldet zu haben, teilweise (Landesheimgesetze in Hessen und Niedersachsen sowie Pflegereform 2012) haben wir an der Überkontrolle und Überbürokratisierung sogar mitgewirkt. Daher wollen wir nun ein Zeichen setzen, um Rechte und Pflichten wieder in eine Balance zubringen.

Alle, die professionelle Pflegeleistungen anbieten, müssen außer über Pflichten auch über Rechte verfügen. Dazu gehören materielle und immaterielle Rechte. Beide, jedoch insbesondere letztere, sind in der Gefahr, immer weiter ausgehöhlt zu werden. Öffentlichkeit und Politik machen es sich zur Gewohnheit, gegenüber den Leistungserbringern, vor allem wenn sie privat organisiert sind, Feindbilder aufzubauen. Der Gedanke, dass mit sozialen Dienstleistungen Gewinne gemacht werden, und sei es nur, um zu einer angemessenen Entlohnung als Unternehmer zu kommen oder um das eingesetzte Kapital zu verzinsen, stößt bei weiten Teilen der Öffentlichkeit und in der Politik auf Misstrauen und Unverständnis. Das muss Liberale verwundern. Denn in einer Marktwirtschaft, auch in einem reglementierten Markt, muss es marktwirtschaftlich zugehen können. Dazu gehört Chancengleichheit zwischen Anbietern und Nachfragern. Die Kostenträger als Nachfragegruppe müssen daher in ihrer Marktmacht insofern beschränkt werden. Im Streitfall muss der Grundsatz der gleichlangen Spieße gelten. Dies ist für Liberale eine Selbstverständlichkeit. Ein Oligopol und erst recht ein Kartell von Oligopolen ist für die FDP in jedem Fall problematisch. Wenn es aus wirtschaftlichen Gründen in den sozialen Sicherungssystemen heute dazu gekommen ist, müssen die Folgen für die andere Seite des Verhandlungstisches auf gesetzlicher Grundlage ausgeglichen werden. Hinzu kommt die völlig ungenügende Rechtsaufsicht. Die Folgen sehen wir heute in der Aushöhlung selbstverständlicher unternehmerischer Rechte. Die Unternehmer müssen Diktate oder Vertragsverletzungen, z. B. bei Vergütungsregelungen, gegen sich gelten lassen, ohne Aussicht auf tatsächliches rechtliches Gehör.

Auch hieran haben Liberale noch in jüngster Zeit und in der Vergangenheit mitgewirkt bzw. ihren Fortbestand geduldet (wiederum Pflegereform 2012 und die o. g. Heimgesetze sowie Heimgesetz NRW, Baden-Württemberg und der Pflegeteil beim Krankenhaus-Hygiene-Gesetz).
In der Folge hat sich die Entwicklung noch weiter gegen die Unternehmen gekehrt. So sind die Unternehmen in der Pflege nicht nur gezwungen, mehr als 100.000 Pflegekräfte mit Bürokratie anstatt mit Pflege zu beschäftigen (in Niedersachsen somit mehr als 10.000), sondern sie sind auch gezwungen, bei Auseinandersetzungen mit Kostenträgern und Prüfinstitutionen Rechtsnachteile - von Gesetzes wegen - gegenüber diesen Institutionen hinzunehmen. So sind Klagen gegen Kostenträger und Prüfinstitutionen vor den Sozialgerichten in Niedersachsen aussichtslos, wenn die Unternehmen zügig einen Bescheid z. B. der Landesverbände der Pflegekassen gerichtlich anfechten wollen. Denn Verfahrensdauern von vier bis sechs Jahren sind hierzulande eher die Regel denn die Ausnahme.

Sie müssen auch Mehrfachprüfungen der Kostenträger und staatlicher Stellen über sich ergehen lassen, ohne finanzielle Kompensation.
Zudem finden die stationären Prüfungen anlasslos unangemeldet statt. Aus liberaler Sicht ist dies ein Beleg für die Unkultur des Misstrauens und der vorweggenommenen Diskreditierung der Leistungserbringer in der Pflege. Dies schränkt Freiheit ein, weil auf dieser Grundlage zu wenig Innovation, Eingehen auf die Bedürfnisse der Pflegebedürftigen und des Marktes insgesamt die Folge ist. Zu wenig Innovationsfreiheit auf Anbieterseite führt zu weniger Wahlfreiheiten für die Versicherten.

Eine weitere Folge des gewachsenen Ungleichgewichts zwischen Staat und Kostenträgern auf der einen Seite und Leistungserbringern auf der anderen Seite ist, dass das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung für Unternehmen in der Pflege gegenüber Staat und Kostenträgern nicht mehr gilt. Dies ist für Liberale ein unerträglicher Zustand.

Die Unternehmen der professionellen Pflege und die Pflegebedürftigen sitzen im gleichen Boot. Beide wollen, dass die Angebote den Bedürfnissen und Wünschen der Nutzer entsprechen und wollen Auswahlmöglichkeiten haben. So, wie es keinen Einheits-Pflegebedürftigen gibt, so dürfen auch die Einrichtungen nicht zu Einheits-Einrichtungen werden. Besonderheiten regionaler oder anderer Art müssen sich im Markt wiederfinden. Dies setzt voraus, dass die Anbieter die Freiheit haben, sich ihren "Teilmarkt" selbst auszusuchen und zu spezialisieren. Es muss daher auch möglich sein, Mehrbettzimmer anzubieten, wenn es der Markt - die Pflegebedürftigen und ihre Angehörigen - so will. Es muss auch möglich sein, individuell auf Angebote zur Freizeitgestaltung, Animation und Befassung mit "Angeboten" zu verzichten, ohne dass sich die Pflegekräfte dafür bürokratisch normiert rechtfertigen müssen.

Schließlich muss es möglich sein, ein Einrichtungs-individuelles Konzept zu verfolgen und sich dafür Kunden/Bewohner zu suchen, ohne in externe Normierungen hineingepresst zu werden.

In diesem Zusammenhang steht für uns außer Frage, dass vor allem das Prüfwesen einer grundlegenden Reform bedarf. Denn das Prüfwesen normiert den Alltag in den Einrichtungen - für die Pflegenden wie auch für die Pflegebedürftigen.

Vier Forderungen knüpfen wir daran:

  1. Kernpunkt muss sein, dass es sich um neutrale und objektive Prüfungen handeln muss.
  2. Das Pflegeergebnis hat im Mittelpunkt jeder Prüfung zu stehen. Dabei muss die Organisation der Prüfungen den Zweck einer Einrichtung wahren: Pflege geht vor Prüfung. Kein Pflegebedürftiger darf in seiner Versorgung warten müssen, nur um die Wünsche von Prüfern zu erfüllen.
  3. Vorgaben durch Prüfnormen müssen refinanziert werden.
  4. Die derzeitigen Qualitätsprüfungen müssen durch ein System der Qualitätsnachweise ersetzt werden, wie es in der stationären Akutversorgung und in der stationären Rehabilitation gut funktioniert.

Kein Sozialsystem in Deutschland ist in der Lage, ohne private Angebote seinen Zweck zu erfüllen. Das gilt auch und insbesondere für die Professionelle Pflege. Sei es, dass privates Engagement einen Teil der Versorgung übernimmt, sei es, dass privates Engagement dafür sorgt, dass Leistungswettbewerb herrscht und damit die Versorgung insgesamt verbessert wird oder sei es, dass privates Engagement Wahlmöglichkeiten für die "Verbraucher" schafft - nur durch privates Engagement wurde und wird gerade der Bereich der professionellen Pflege weiter entwickelt und damit den sich verändernden Wünschen und Bedürfnissen der Pflegebedürftigen angepasst.

In diesem Zusammenhang muss eine Frage erlaubt sein: Wie wäre das Angebot insgesamt, ohne privates Engagement? Die Preisfreiheit ist ein Kern von marktwirtschaftlicher Struktur. Sie ist für Pflegeleistungen, Betreuungsleistungen und für Klinikleistungen völlig eliminiert. Das führt dazu, dass sich individuelle Angebote nur unter großen wirtschaftlichen Risiken am Markt einführen lassen. Als Beispiel dienen die Angebote von neuen Wohnformen. Nur weil die Wohn-Leistungen noch frei gestaltet werden können, gibt es so viele Angebote. In Niedersachsen allerdings mit einer unerwünschten Tendenz: Seit das neue Heimgesetz in Niedersachsen gilt, ist die Entwicklung stark gehemmt, weil die Reglementierungen durch die Heimaufsichten zugenommen haben.

Individualität der Versorgung, Aufnehmen von Trends und Mitgestaltung des Pflegemarktes sind daher eng verbunden mit der Möglichkeit von Unternehmern, sich freier zu bewegen als vorher. Die FDP tritt daher dafür ein, dass die Pflegekassen grundsätzlich pro Pflegestufe jeweils einen bestimmten Betrag für die Versicherten zur Verfügung stellen. Sie, ggfs. ein Betreuer, entscheiden über ihre Nachfrage. Vertragspartner der Einrichtungen sind die Pflegebedürftigen, soweit sie sich für Professionelle Pflege entscheiden. Es ist zu erwarten, dass sich damit Angebot und Nachfrage differenzieren.

Um Verwerfungen zwischen ambulanter und stationärer Pflege zu vermeiden, sind die Kosten der Behandlungspflege, wie in der ambulanten, auch in der stationären Pflege von der Krankenversicherung zu tragen. 

In der stationären Akutversorgung tritt die FDP für differenzierende Pflege-DRGs ein. Dabei verfolgt sie den Grundsatz, dass Geld der Leistung folgen muss. Klinikintern stärkt dies die Stellung der Pflege. Es dient auch der Transparenz innerhalb der Kliniken wie auch der Kostenträger und der Selbstzahler, wenn die Pflegekosten einen eigenen Stellenwert bekommen. Auch hierdurch lassen sich Wahlmöglichkeiten für die Versicherten vermehren, z. B. bei geplanten Operationen.

Die Kliniken haben es durch diese Transparenz in der Hand, spezielle Angebote zu formulieren und sie gewinnen Planungssicherheit in einem wichtigen Bereich. Die Kliniken haben es durch diese Transparenz in der Hand, spezielle Angebote zu formulieren und sie gewinnen Planungssicherheit in einem wichtigen Bereich.

Für die Liberalen ist wichtig: Alle Leistungserbringer haben die gleichen gesetzlichen Pflichten zu beachten. Grundlage ist der Gedanke, dass nur Wettbewerbsgleichheit die Chancen fair verteilt. Heute allerdings haben Wohlfahrtsunternehmen u. a. steuerrechtlich wesentliche Vorteile. Das Ergebnis ist Wettbewerbsungleichheit. So ist es den Wohlfahrtsunternehmen über ihre Träger unbenommen, Spenden, auch namhafte Sachspenden, entgegen zu nehmen. Die Spender reduzieren damit sogar ihre Steuerlast. Wohlfahrtsunternehmen erhalten über ihre Träger zudem staatliche Zuschüsse z.B. von Gerichten, Lotterien oder Verkäufen von Briefmarken. Erbschaften sichern weitere Millionenbeträge. Sie können auf verschiedene Weise in die Finanzierung von Pflegeeinrichtungen einfließen. Soweit Steuergelder eingesetzt werden, finanzieren die Privaten ihre Konkurrenz sogar mit. Auch hieran haben die Liberalen, gerade in jüngster Zeit mitgewirkt. Und auch hier ist eine Umkehr unverzichtbar, zurück zu liberalen Prinzipien, wenn verloren gegangenes Vertrauen zurück gewonnen werden will. Das heißt in der Folge: Die Liberalen verlangen, dass für alle, die professionell pflegen, denselben finanziellen Rahmenbedingungen gelten.

Wir verlangen zudem, dass auch dieselben arbeitsrechtlichen Bedingungen gelten. Das derzeitige Kirchenrecht bei Arbeitsverträgen ist aus liberaler Sicht ein abzuschaffendes Relikt aus der Feudalzeit.

Verantwortung der Politik

  • Überarbeitung der gesetzlichen Vorschriften zum Prüfwesen anpassen in Richtung auf die oben beschriebenen vier Punkte (Bund)
  • Überarbeitung der gesetzlichen Vorschriften, die Heimaufsicht betreffend, einschließlich verbindlicher Regeln um Doppelprüfungen zu vermeiden (Land)
  • Reform des Sozialgerichtsgesetzes hinsichtlich Verfahrenslaufzeiten (Bund
  • Reform der Vorschriften zur Rechtsaufsicht gegenüber Kostenträgern (Bund)
  • Finanzierung der Behandlungspflege durch die GKV (Bund)
  • Preisfreiheit, um Nachfrage und Angebot marktkonform zu steuern (Bund)
  • Grundsätzliche Leistungsform Pflegebudget (Bund/Land)
  • Reform der vorbehaltenen Tätigkeiten der Professionellen Pflege (Bund/Land)
  • Freiheit bei der Angebotsgestaltung in der stationären Versorgung (Land)
  • Überarbeitung der DRGs in Richtung Differenzierungsmöglichkeiten vor Ort und innerhalb des Leistungsspektrums der Kliniken (Bund)                
  • Reform des Steuerrechts (Bund/Land)

Verantwortung der Kostenträger

  • Richtlinien zum Prüfwesen überarbeiten in Richtung weniger Normierung der Einrichtungen (Bund)
  • Respekt vor der Professionellen Pflege in der Öffentlichkeitsarbeit (Bund/Land)
  • Die Prüfinstitutionen müssen sich als Gäste gegenüber den Einrichtungen benehmen (Bund/Land)
  • Vertragstreue in Sachen Zahlungsmoral und Datenschutz muss selbstverständlich sein (Bund/Land)

Verantwortung der Unternehmer

  •  Einsatz der Mitarbeiter gemäß ihrer Qualifikation
  • Zügige Anpassung ihres Angebotes an die sich verändernde Nachfrage
  • Kommunikation ihres Angebotes in der Fläche
  • Kooperation mit anderen Partnern in der gesundheitlichen Versorgung

Verantwortung der Medien

  • Verantwortungsvoller Umgang mit Pflegefehlern
  • Beitrag leisten zum positiven Image der Pflegeberufe
  • Beitrag leisten zum positiven Image der Pflege-Unternehmen
  • Kommunikation der tatsächlichen Aufgabe der Pflegeversicherung als Teilkasko-Absicherung
  • Grundsätzlich: Sachgerechte Darstellung von Problemen in der Versorgung, die in der Regel außerhalb der Regelungskompetenz der Professionellen Pflege liegen, sowohl in der Senioren- und Krankenpflege als auch in der Akutpflege im Krankenhaus und der Rehabilitation.

Für eine zukunftsfähige und attraktive Pflegeausbildung

Die Pflegeausbildungen in der Altenpflege, Krankenpflege und Kinderkrankenpflege haben in den letzten Jahren, jede für sich, eine Weiterentwicklung erfahren. In gleichem Maße kam und kommt die Diskussion auf, diese drei Pflegeausbildungen stärker miteinander zu verbinden und eine "generalistische Pflegeausbildung" zu schaffen. So sinnvoll ein solcher Schritt einerseits wäre, so gingen doch andererseits die individuellen Merkmale und Spezifikationen zunehmend verloren. Statt des Weges der "Generalistik" zu beschreiten, sollte die Alternative, also eine "integrative Pflegeausbildung" ernsthaft geprüft werden.

Die "integrative Pflegeausbildung" dauert dreieinhalb Jahre und gliedert sich in drei Phasen. In der ersten zweijährigen Phase erlangen die Auszubildenden ein gemeinsames Basiswissen und -können. Wir Liberale wollen ab diesem Abschnitt, der/dem Auszubildenden die Möglichkeit eröffnen, nach dem ersten Jahr einen staatlich anerkannten Berufsabschluss zur Pflegehelfer/in, nach zwei Jahren einen staatlich anerkannten Berufsabschluss zur Pflegeassistentin/ zum Pflegeassistenten zu erwerben, sofern abzusehen ist, dass das Berufsziel der "großen Pflegeausbildung" nicht erreichbar ist. Diejenigen, die am Ende der dreieinhalb jährigen Ausbildung erfolgreich die Prüfung zur staatlich anerkannten Pflegefachkraft in einem der drei Bereiche Krankenpflege, Altenpflege und Kinderkrankenpflege absolvieren, wollen wir die Möglichkeit eröffnen, durch weitere Qualifizierung zur "Spezialpflegefachkraft" (Spezialisierung in den Bereichen Gerontopsychiatrie, Familiengesundheitspflege oder Akutpflege aufzusteigen. Wir Liberale schaffen mit dieser Durchlässigkeit Wahlfreiheit. Die Wahlmöglichkeit wird vergrößert und damit die Vielseitigkeit der Einsatzmöglichkeiten geschaffen.

Mit einer "Integrativen Pflegeausbildung" würde dem gesellschaftlichen Wandel sowie den strukturellen, politischen und ökonomischen Veränderungen im Gesundheitswesen entsprochen, die an das Berufsfeld Pflege neue Anforderungen stellen.

Für die Entwicklung einer multikulturellen Gesellschaft, ist die integrative Pflegeausbildung eine zukunftsfähige Lösung, die die Attraktivität der Pflegeausbildung steigert.

 Die "generalistische Pflegeausbildung" hätte dagegen folgende Nachteile:

  • Das spezifische Wissen gerade für den altenpflegerischen Bedarf, die Methoden und Kompetenzen der jetzigen Erstausbildung würden nach einer Zusammenführung nicht mehr im bisherigen Umfang zur Verfügung stehen.
  • In der ambulanten und stationären Altenpflege wäre ein Fachkräftemangel das Ergebnis, denn die attraktiveren und gesellschaftlich anerkannten Arbeitsplätze werden im Krankenhaus gesehen. Denn die Altenpflege stellt über die medizinisch notwendige Behandlungspflege hinaus hohe Anforderungen an die grundpflegerischen, psychologischen und auch sozialen Kompetenzen.
  • Die Tätigkeiten und Inhalte in den Pflegeberufen sind zu verschieden. Das in seiner jetzigen Form garantierte Ausbildungsniveau könnte so nicht gehalten werden.
  • Sie bietet keinerlei Wahlmöglichkeiten. Alle Einrichtungen bekommen anders als heute keine für ihre speziellen Bereiche qualifizierten Absolventen.

Zuständigkeiten in der Pflegeausbildung:

Das Gesetz zur Pflegeausbildung muss dahingehend geändert werden, dass der Ausbildungsbetrieb und die Fachschule gemeinsamen die Verantwortung für die Ausbildung der Schülerin/ der des Schülers tragen. Die Zeit, wo eine Fachschule allein und alles bestimmt, muss der Vergangenheit angehören. Der Ausbildungsbetrieb stellt schließlich die Praxisanleiterin/den Praxisanleiter, die Materialen und zahlt nicht zuletzt die Ausbildungsvergütung.

Finanzierung der Pflegeausbildung
Es wird ein Ausbildungsfonds geschaffen, der aus Mitteln der Krankenversicherung, der Pflegeversicherung und den Ländern gespeist wird (Drittelfinanzierung). Hierzu bedarf es aus liberaler Sicht ein Bundesrahmengesetz zur Pflegeausbildung.

Zuwanderung in den Pflegeberufen

Es ist davon auszugehen, dass das Ziel, die Anzahl der professionell Pflegenden bis 2050 zu verdoppeln, insgesamt nur schwer erreichbar ist. Um den Bedarf zu decken, müssen auch ausländische Fachkräfte rekrutiert werden. Das heißt: Die vorhandenen Potenziale auf dem Arbeitsmarkt der EU müssen ebenso erschlossen werden wie die Zuwanderung aus Drittstaaten.

Die Potenziale für die deutsche Kranken- und Altenpflege sind innerhalb der Europäischen Union sehr begrenzt, und auch größere Rekrutierungsanstrengungen können bestenfalls punktuell Lücken schließen. (Quelle: Studie "Chancen zur Gewinnung von Fachkräften in der Pflegewirtschaft" im Juli 2012 erstellt im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie). Gründe hierfür sind z. B. die teilweise geringeren jährlichen Bruttoverdienste in der Altenpflege, ein Anstieg der Pflegebedarfe im eigenen Land sowie auch (pflege)fachliche und sprachliche Aspekte. Ein Beispiel: Obwohl derzeit in Spanien viele Pflegefachkräfte arbeitslos sind, wird vermutlich die Bereitschaft der Zuwanderung nach Deutschland gering sein, da die spanische Pflegeausbildung akademisch und medizinisch geprägt ist. In der deutschen Altenpflege fühlen sich spanische Pflegekräfte deshalb unterfordert. Hinzu kommen die hohen Arbeitsbelastungen und die Fremdbestimmung. Weitere Hindernisse sind fehlenden Sprachkompetenzen und die als schlecht empfundenen Arbeitsbedingungen auch in den Krankenhäusern.

Auf Grund der begrenzten Potenziale in der EU wurden die Möglichkeiten der Gewinnung von Pflegefachkräften insbesondere auch aus außereuropäischen Drittstaaten bereits verbessert. Mit der am 01. Juli 2013 in Kraft getretenen neuen Beschäftigungsverordnung ist bereits ein wichtiger Schritt getan: Die Kranken- und Altenpflege wurde in eine sogenannte Positivliste für Mangelberufe aufgenommen. Ohne die bislang übliche Vorrangprüfung ist jetzt ein freier Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt (Anwendung der Blauen Karte EU) möglich. Voraussetzung ist ein zweijähriger Berufsabschluss, der einem deutschen Berufsabschluss gleichwertig ist. Es werden jedoch keine Zuwanderer aus Drittstaaten zugelassen, in deren Herkunftsländern nach Feststellung der World Health Organisation (WHO) ein Mangel an Gesundheitsfachkräften besteht. Wie hoch der Anteil an Zuwanderungswilligen tatsächlich ist, lässt sich zurzeit nicht quantifizieren.

Insgesamt kann für alle Zuwanderer festgestellt werden, dass die Ausbildungsniveaus sich erheblich unterscheiden. Diese unterschiedlichen (akademischen) Ausbildungen führen in der Folge auch zu unterschiedlichen Tätigkeitsfeldern und zugewiesenen Kompetenzen. Die Aufgaben erstrecken sich z. T. deutlich weiter als in Deutschland in den medizinischen Bereich (Wundversorgung, Verordnung von Medikamenten). Grundpflegerischen Tätigkeiten werden in den anderen Ländern überwiegend von Hilfskräften durchgeführt. Hinzu kommt, dass es die Altenpflege-Ausbildung nur in Deutschland gibt. Dadurch kommt es häufig zu einem die Integration erschwerenden sogenannten Praxisschock.

Neben der fachlichen Kompetenz ist die Sprachkompetenz in der Pflege eine wichtige und notwendige Voraussetzung. Da in den meisten Ländern Englisch die am häufigsten gesprochene Fremdsprache ist, kommt es in der Folge auch hier zu Hemmnissen in der Integration in den pflegerischen Alltag. Hinzu kommen Berührungsängste mit Menschen aus anderen Kulturkreisen.

Ein weiteres Hemmnis bei der Integration von ausländischen Pflegefachkräften kann die Bereitschaft der bereits in der Pflege Beschäftigten sein, ihre bereits knappen Ressourcen auch noch für die Einarbeitung und Integration von Zuwanderern einzusetzen, wenn sie selbst nicht erfahren, dass ihre Arbeit die notwendige Anerkennung erfährt.

Verantwortung der Politik

  • Rahmenbedingungen für Pflege schaffen, unter denen auch zugewanderte Pflegekräfte arbeiten wollen
  • Regeln zur Anerkennung ausländischer Abschlusse bundesweit vereinheitlichen
  • Vereinheitlichung der geforderten Sprachniveaus
  • Finanzierung von Sprachkursen und weiterer Sprachförderung mit dem Fokus auf die Fachsprache in der Pflege
  • Transparente Verfahren und kurze Bearbeitungszeiten sowie administrative Unterstützung der Einwanderung
  • Familienzusammenführung erleichtern
  • Übernahme von Ausländern, die in Deutschland ein Freiwilliges Soziales Jahr absolvieren, erleichtern
  • Fachliche, sprachliche und kulturelle Vorbereitungskurse mit eigenen Curricula für den Einsatz in Altenpflegeeinrichtungen

Verantwortung der Kostenträge

  • Refinanzierung der zusätzlichen Aufwendungen für die Integration

Verantwortung der Einrichtungen

  • Akzeptanz schaffen bei den vorhandenen Beschäftigten
  • Akzeptanz schaffen bei Pflegebedürftigen/Bewohnern
  • Sorgfältige Einarbeitung

Verantwortung der Pflegekräfte

  •  Akzeptanz des Einsatzes ausländischer Pflegekräfte
  • Unterstützung in der Einarbeitungsphase

Verantwortung der Öffentlichkeit (Gesellschaft) und Medien

  •  Gesellschaftliche Notwendigkeit von Zuwanderung in der Pflege akzeptieren
  • Entwicklung einer Willkommenskultur, die für Zuwanderer attraktiv erscheint
  • Verständnis schaffen

Fazit: Auch wenn es gelingt die bestehenden Schwierigkeiten und Hemmnisse für die Zuwanderung zu beseitigen, wird der Fachkräftemangel hierdurch nur kurz- und mittelfristig gelindert. Das Problem vom Grunde her zu lösen, wird nur gelingen, wenn wir die Rahmen- und Arbeitsbedingungen nachhaltig verbessern.