Unvereinbarkeitsbeschluss der FDP Niedersachsen für eine Zusammenarbeit mit der AfD auf kommunaler Ebene
Der Landesvorstand hat beschlossen:
Wir Freien Demokraten in Niedersachsen richten uns mit aller Kraft gegen Bestrebungen, unsere demokratische und offene Gesellschaft zu diskreditieren. Die Freiheit jeder und jedes Einzelnen müssen die Richtlinie demokratischer Politik bleiben. Hass und Ausgrenzung dürfen keinen Weg in unsere Gesellschaft finden. Wir treten un-verändert dafür ein, dass für jede und jeden Einzelnen die Würde und die individuelle Freiheit gewahrt bleiben. Mit allen unseren Grundüberzeugungen und Prinzipien sind wir Freie Demokraten ein Gegenpol zur AfD. Die AfD vertritt völkisches und nationalistisches Denken und treibt die Spaltung unserer demokratischen Gesellschaft gezielt voran. Sie vertritt offen rassistische, fremdenfeindliche, antisemitische, antimuslimische und homophobe Positionen mit dem Ziel, rechtsextremes Gedankengut in unserer Gesellschaft zu verankern. Sie schürt Hass gegen einzelne Bevölkerungsgruppen und lehnt die Vielfalt der unterschiedlichen Lebensformen in unserem Land ab. Wir Freie Demokraten in Niedersachsen stehen für eine Politik der Mitte. Es ist unsere Grundüberzeugung, dass es eine Brandmauer gegen Rechts geben muss. Wir bekräftigen daher, dass wir es auf allen Ebenen und in jeder Hinsicht ablehnen, mit der AfD zusammenzuarbeiten oder eine Abhängigkeit von der AfD in Kauf zu nehmen – sei es bei Wahlen zu politischen Ämtern oder bei Abstimmungen über politische Sachfragen.
Das bedeutet für uns konkret, dass es weder eine positive Abhängigkeit geben darf, die darauf abzielt, dass in Minderheitskonstruktionen eine Mehrheit erst durch Stimmen der AfD entsteht – noch dürfen wir eine negative Abhängigkeit zulassen, bei der allein durch eine Positionierung der AfD alle anderen politischen Vertreter ihr Stimmverhalten verändern müssten, damit nicht durch die ungewollte Zustimmung der AfD eine Mehrheit entsteht.
Wir werden daher in der grundlegenden Zusammenarbeit in kommunalen Gremien keinerlei Koalitions- oder Gruppenvereinbarung mit der AfD schließen. Genauso werden wir uns nicht einer Koalition oder Gruppe anschließen, die zur Erreichung einer Mehrheit auf Absprachen mit den Vertretern der AfD setzt. Dies gilt grundsätzlich auch für Mitglieder in kommunalen Vertretungen, die selbst nicht AfD-Mitglied sind, aber auf einem Wahlvorschlag der AfD kandidiert haben.
Koalitionen bzw. Gruppen, denen wir uns anschließen, werden immer nach Mehrheiten ohne die AfD suchen. Wenn eine Mehrheit ohne die AfD nicht möglich ist, werden wir dennoch nicht unsere politische Position verändern und nicht gegen unsere Überzeugung stimmen – nur weil sich nach einer Wahl auch Vertreter der AfD in den jeweiligen Parlamenten befinden.
Dies bedeutet für uns konkret, dass wir keinen von der AfD eingebrachten Initiativen/Anträgen zustimmen werden, selbst wenn sie mit unserem Programm vereinbar sein sollten. Die AfD nutzt diese Instrumente, um sich einen bürgerlichen Anstrich zu geben - nicht wegen des Sachverhaltes an sich. Hierfür lassen wir uns nicht instrumentalisieren. Wir werden selbstbewusst für unsere Positionen eintreten und diese in Initiativen bzw. Anträgen in die kommunalen Gremien einbringen. Unabhängig davon, ob diese am Ende die Zustimmung der AfD oder anderer Parteien bekommen, und auch unabhängig davon, ob durch die Zustimmung der AfD am Ende für eine Initiative der FDP eine Mehrheit zu Stande kommt. Es versteht sich von selbst, dass es dazu keinerlei Gespräche oder Vereinbarungen mit der AfD geben wird. Weder durch uns, noch durch Dritte.
Diese Grundsätze werden wir auch bei Personalentscheidungen anwenden. Die Wahlentscheidungen von Verwaltungsbeamten erfolgen ausschließlich auf Vorschlag des Hauptverwaltungsbeamten. Wenn wir von einem Personalvorschlag überzeugt sind, so werden wir diesem unabhängig vom Wahlverhalten der AfD zustimmen. Wir lehnen es ab, wenn ein Landrat oder Bürgermeister bzw. der Bewerber für das Amt eine Wahlentscheidung in dem Bewusstsein der notwendigen Zustimmung der AfD anstrebt. Für Mitglieder der FDP Niedersachsen wäre weder ein solcher Personalvorschlag noch die spätere Annahme einer solchen Wahl akzeptabel. Natürlich werden wir keinesfalls einen Personalvorschlag unterstützen, der selbst AfD-Mitglied ist.
Auch bei den Besetzungen von repräsentativen Positionen, wie dem Rats- bzw. Kreistagsvorsitzenden, oder stellvertretenden Landräten bzw. Bürgermeistern darf es keine positive oder negative Abhängigkeit von der AfD geben. Es darf der AfD durch ihr Verhalten nicht möglich sein, quasi eine Handlungsunfähigkeit der Gremien zu provozieren. Das bedeutet, dass es für die Besetzung derartiger Positionen keine Vereinbarungen oder Absprachen mit der AfD zur Sicherstellung oder Herbeiführung einer Mehrheit geben darf. Sollten Dritte eine derartige Einbindung der AfD vornehmen, werden wir uns diesem Bündnis verweigern und können den vorgeschlagenen Bewerber keinesfalls unterstützen.
Oft sind aber Abstimmungsergebnisse nicht vorhersehbar. Dies kann uns nicht davon abhalten demokratische Bewerber zu unterstützen, die wir für die Position für geeignet halten. Wenn es keine dauerhaft gesicherten Mehrheiten in den Gremien gibt, sind Abstimmungen mit Zufallsmehrheiten als demokratische Konsequenz der von der AfD errungenen Mandate zu akzeptieren. Das bedeutet für uns, dass sich in solchen Situationen Kandidaten der FDP auch dann bewerben werden, wenn eine Mehrheit möglicherweise mit Stimmen der AfD zustande kommen wird. Allerdings ist es für uns selbstverständlich, dass die Annahme einer Wahl nur dann möglich ist, wenn es auch ohne die Stimmen der AfD eine Mehrheit gegeben hätte. Keinesfalls werden wir Bewerber der AfD bei einer Kandidatur unterstützen.