Wake-up-Call: Wie wir die öffentliche Verwaltung jetzt endlich digitalisieren müssen!
Der Landesparteitag hat beschlossen:
Die Digitalisierung der Verwaltung birgt gewaltige Potenziale für Bürgerinnen
und Bürger, Unternehmen sowie die Behörden selbst. Obwohl in den vergangenen
Jahrzehnten signifikante Investitionen getätigt wurden, ist der Fortschritt in
der Umsetzung dieser digitalen Transformation nach wie vor schleppend. Dies
zeigt sich im Vergleich mit den europäischen Nachbarländern, etwa im EU-Bericht
über den Index der digitalen Wirtschaft und Gesellschaft. Einer der Hauptgründe
hierfür ist die komplexe Struktur der deutschen Verwaltungslandschaft. Des
Weiteren fehlt es an einer einheitlichen und klar definierten technischen
Strategie, die nicht nur die Bereitstellung digitaler Angebote für die
Bürgerinnen und Bürger umfasst, sondern auch die Konzeption einer IT-Architektur
für die gesamte öffentliche Verwaltung berücksichtigt. Diese Architektur sollte
sich an den Zielen Effizienz, Skalierbarkeit und Benutzerfreundlichkeit
ausrichten. Hinzu kommt, dass die bestehenden Zuständigkeiten, die tief in den
föderalen Strukturen verwurzelt sind, im Kontext der Digitalisierung eher
hinderlich als förderlich sind. Die dadurch entstehenden fragmentierten Ansätze
und die damit verbundene Komplexität führen zu einer zunehmenden
Reformunfähigkeit aus sich selbst heraus. Darüber hinaus ist vielerorts eine
Abhängigkeit von einer begrenzten Anzahl von IT-Dienstleistern entstanden, was
wiederum eine Oligopolbildung in diesem Sektor begünstigt hat. Zudem ist es
entscheidend, in der Umsetzung der Digitalstrategie Deutschlands für mehr
Transparenz zu sorgen. Dies bedeutet nicht nur eine klarere Kommunikation und
Koordination zwischen dem Bund, den Bundesländern und den Kommunen, sondern auch
die aktive Einbeziehung der Bürgerinnen und Bürger. Es ist wesentlich, dass alle
Stakeholder von den kleinsten Kommunalverwaltungen bis hin zu den Endnutzern der
öffentlichen Dienste in den Prozess einbezogen werden, um ein Verständnis für
die Ziele, Herausforderungen und Fortschritte in der Digitalisierung zu
entwickeln.
Um den Herausforderungen einer zunehmend vernetzten digitalen Welt gerecht zu
werden und Deutschlands Position als wettbewerbsfähigen Wirtschaftsstandort in
der Zukunft zu sichern, ist eine grundlegende Neuausrichtung der
Digitalstrategie für die öffentliche Verwaltung erforderlich. Diese
technologische Neuausrichtung sollte sich an erfolgreichen Methoden und
Strategien orientieren, wie sie von Unternehmen und anderen Nationen zur
Bewältigung vergleichbarer Herausforderungen genutzt werden. Daher ist es nun an
der Zeit, umzudenken und den historisch bedingten, IT-architektonischen
Sonderweg Deutschlands zu überwinden. Dieser Sonderweg hat seine Wurzeln in
überholten gesetzlichen Rahmenbedingungen, fehlenden oder überholten Standards
sowie einer Arbeitsverteilung, die den aktuellen digitalen Anforderungen nicht
mehr gerecht wird.
Daher fordert die FDP einen fundamentalen Strategiewechsel in unseren digitalen
Verwaltungsstrukturen, der sich am Vorbild der Dresdner Forderungen orientiert
und auf eine stärkere Zentralisierung von Prozessen und Systemen abzielt, die
nicht nur den Schutz persönlicher Daten, sondern auch die Sicherheit der IT-
Systeme verstärkt. Es müssen neue Wege der digitalen Zusammenarbeit zwischen den
Aufgabenbereichen der Kommunen, Länder und des Bundes definiert werden, um die
Komplexität der Zuständigkeiten und des föderalen Systems zu verringern. Das
Ziel besteht darin, eine IT-Basisinfrastruktur zu entwickeln, die einheitliche,
moderne Standards und Schnittstellen für Bund, Länder und Kommunen nach dem
„Digital-only“-Prinzip bereitstellt. Diese Infrastruktur wird neben einer
grundlegenden Datenbasis auch einheitliche IT-Lösungen anbieten. Dabei wird den
Ländern und Kommunen gleichzeitig die Möglichkeit geboten, eigene IT-Lösungen
passend zu Schnittstellen der IT-Basisinfrastruktur zu entwickeln. Dieses
Vorgehen soll dabei die verfassungsrechtliche Organisationshoheit der Länder und
Kommunen (Art. 28 GG) sicherstellen. Gleichzeitig gilt es, laufende Projekte auf
die neue Strategie abzustimmen, um einen nahtlosen Übergang zu gewährleisten und
den Wert der bisherigen Arbeiten zu erhalten. Bereits in den vergangenen Jahren
wurden erste strukturelle Schritte unternommen, insbesondere mit der Gründung
des IT-Planungsrates und der FITKO (Föderale IT-Kooperation). Diese Initiativen
sollen weiter ausgebaut werden, während gleichzeitig im Rahmen der
Zentralisierung andere Strukturen abgebaut werden, um Doppelstrukturen und
redundante Lösungen zu vermeiden.
Für diesen fundamentalen Strategiewechsel appelliert die FDP an die anderen
demokratischen Parteien zu einer gemeinsamen, parteiübergreifenden Lösung zu
gelangen, um ohne den Ballast parteipolitischer Profilierung gemeinsam eine
langfristige Strategie übergreifend und über Legislaturperioden und
Mehrheitswechsel hinaus umsetzen zu können. Nur mit so einem “Deutschlandpakt”
zwischen den demokratischen Parteien kann die Digitalisierung des Staates
gelingen!
Verwaltung Ende-zu-Ende digitalisieren
Die optimale Nutzung vorhandener Daten ist ein Schlüssel für eine
leistungsfähige und zukunftsorientierte Verwaltung. Nach dem Once-Only-Prinzip
sollen Daten nicht immer wieder neu angegeben werden müssen, wenn der Staat sie
schon bereits an anderer Stelle erhoben hat. Bei der
Registermodernisierungsgesetz (RegMoG) für natürliche Personen wird ein
behördenübergreifendes Identitätsmanagement mithilfe der
Steueridentifikationsnummer aufgebaut. Ziel ist es, dass bereits vorhandene
Daten und Nachweise selbtändig über die verteilten Register im Rahmen von
Online-Anträgen abgerufen werden können. Das OZG 2.0 sieht vor, alle
Verwaltungsleistungen mit medienbruchfreien Ende-zu-Ende-Prozessen zu
ermöglichen. Die gegenwärtige angestrebte IT-Zielarchitektur der
Registermodernisierung, die durch eine übermäßige Komplexität auffällt, zeigt
bedenkliche technische Mängel in Bezug auf Flexibilität, Kosteneffizienz und
Skalierbarkeit auf. Diese Mängel stellen ein ernsthaftes Hindernis für das
Erreichen der Ziele einer effizienten und automatisierten digitalen Verwaltung
dar.
Unsere Forderungen:
- Die FDP setzt sich für einen zielarchitektonischen Strategiewechsel ein:
weg von der Registermodernisierung hin zum Register-Domänen-Modell
(RegDoM). Anstelle einer dezentralen Aufsplittung sollte vermehrt auf eine
zentrale Konsolidierung der Register gesetzt werden. Das RegDoM sieht die
Einrichtung generischer, domänenspezifischer zentraler Register vor, die
von der FITKO entwickelt und von neu geschaffenen Kompetenzzentren auf
Bund- und Länderebene betrieben werden. In diesem Modell fungiert die
Bundesebene als zentrales Gateway, dass den technischen Zugang zu den
verschiedenen Domänen z.B. Renten, NPA/eID, Steuern usw. bereitstellt. Das
Ziel ist es, eine verwaltungsübergreifende Schnittstelle zu entwickeln, die
nach dem Plattformprinzip funktioniert und die verschiedenen Register
miteinander verbindet. Die Aufteilung und Zuweisung der Domänen erfolgt in
gemeinsamer Abstimmung über den Bundesrat. Mit Unterstützung des
Normenkontrollrats und der FITKO werden die Kompetenzzentren an der
Entwicklung eines "Goldenen Standards" sowie neuer digitaler
Verwaltungsprozesse für ihre jeweiligen Bereiche arbeiten. Das Ziel dieses
Standards ist es, sämtliche wichtigen Informationen in einem konsistenten
und möglichst einheitlichen Format zu sammeln, um darauf aufbauend die
Prozesse effektiver zu definieren. Dies soll das gegenwärtige Problem
lösen, dass zum Beispiel in den verschiedenen Melderegistern die Daten
uneinheitlich erfasst werden und dadurch die verschiedene Systeme nicht
miteinander sprechen können. Was wiederum dazu führt, dass Prozesse nicht
optimal von Anfang bis Ende reibungslos digital ablaufen können. - Registerführenden Stellen wird die Freiheit eingeräumt, eigenständig zu entscheiden, wann sie dem domänenspezifischen Register beitreten möchten (Opt-in-Verfahren). Dies erlaubt es Verwaltungsstellen, nach eigenem Ermessen und in einem selbstbestimmten Tempo dem Register beizutreten und von den darauf basierenden technischen und organisatorischen Lösungen zu profitieren. Entscheidet sich eine Stelle gegen einen Beitritt, verpflichtet sie sich, zur Harmonisierung von Prozessen, Schnittstellen und Datenstrukturen die notwendigen Standards der Kompetenzzentren zu übernehmen und eine Schnittstelle für die synchrone Datenabfrage bereitzustellen. Bereits heute bestehende IT-Lösungen sollen nach Möglichkeit weiter genutzt werden. Die FITKO wird Werkzeuge zur Verfügung stellen, um vorhandene Lösungen anzuschließen und zu integrieren.
- Das OZG 2.0 soll so angepasst werden, dass jede neue IT-Lösung, die nach dem "Eine für Alle"-Prinzip (EfA) entwickelt wird, mit dem "Goldenen Standard" der Domänen kompatibel sein muss. Dadurch erhalten Länder und Kommunen die Möglichkeit, fertige Lösungen über einen One-Stop-Shop zu erwerben. Dies ermöglicht es den Kommunen, sich auf ihre Kernarbeit innerhalb der Gemeinden zu konzentrieren und gleichzeitig von effizienten, zentral bereitgestellten IT-Lösungen zu profitieren. Für spezielle, kommunenspezifische Anforderungen besteht weiterhin die Option, über die Schnittstellen der Kompetenzzentren (ggf. über Fit-Connect) eigene Entwicklungen zu betreiben. So kann jede Kommune individuell entscheiden, ob sie auf zentral entwickelte Lösungen zurückgreift oder eigene, maßgeschneiderte Anwendungen entwickelt, um ihren spezifischen Bedürfnissen gerecht zu werden.
- Kommunen sollten sich an den Kosten für den Betrieb und die langfristige
Weiterentwicklung von genutzten EfA-Lösungen beteiligen. Dies setzt jedoch
Planungssicherheit voraus, daher müssen die Kosten für Kommunen transparent
einsehbar sein. - Es bedarf einer Kontrollinstanz für neu entwickelte EfA-Lösungen. In der
Vergangenheit wurden aufwendige Entwicklungen betrieben, die jedoch nicht
nachnutzbar sind für Kommunen, weil verschiedene Standards nicht
eingehalten wurden. - Für kleinere Vorreiter-Kommunen ist die Entwicklung von EfA-Lösungen oft
unattraktiv, da dies mit Mehrkosten verbunden ist und das Risiko besteht,
dass es keine Nachnutzer gibt, die sich an den Kosten beteiligen. Um den
Kommunen mehr Planungssicherheit zu bieten, soll eine zeitlich begrenzte
Förderung von EfA-Lösung mit hohem Nachnutzerpotenzial eingeführt werden.
Die zeitliche Begrenzung dieser Förderung zielt darauf ab, schnell weitere
Nutzer zu akquirieren. Dadurch sollen die anfänglich hohen Kosten auf
mehrere Nachnutzer verteilt werden, was die Akzeptanz von EfA-Lösungen
erleichtert. - Um den erforderlichen rechtlichen Handlungsrahmen für das RegDoM zu etablieren, ist die Ausarbeitung eines Staatsvertrages vorgesehen. Dieser soll in Abstimmung zwischen Bund, Ländern und Kommunen entwickelt werden, um umfassende einheitliche Vorgaben zu schaffen. Zusätzlich soll für Daten, die der grundgesetzlichen Aufgabenverteilung unterliegen, eine Regelung entwickelt werden, die die Aufgabenverteilung anhand der Datensouveränität und nicht des Speicherorts definiert. Datenanbieter müssen zu jedem Zeitpunkt die Kontrolle über die eigenen Daten haben und festlegen können, wer und unter welchen Bedingungen Zugriff erhält. Die Datensouveränität sollte den föderalen Aufbau Deutschlands spiegeln und berücksichtigt, dass die Zuständigkeit für verschiedene Datenentitäten auf zahlreiche Verwaltungsstellen verteilt und somit dezentral organisiert ist. Für diesen Ansatz kann man sich am Beispiel des schweizerischen Ökosystem DataHub orientieren. Diese Veränderung zielt darauf ab, die fragmentierte Datenverteilung zu minimieren und somit die Entwicklung effizienterer Systeme zu ermöglichen.
- Im Gegensatz zur Registermodernisierung würde der RegDoM-Ansatz es
ermöglichen, Verwaltungsleistungen mittels einer offenen, einheitlichen
Schnittstelle (API) anzubieten. Dies ermöglicht eine effiziente und
nahtlose Automatisierung der Dienstleistungen ohne Medienbrüche, von der
besonders der private Sektor profitieren würde. - Um die verfassungsrechtlich bedenkliche Verwendung der
Steueridentifikationsnummer als Identifikationsnummer in den Registern zu
ersetzen, ist langfristig vorgesehen, diese durch domänenspezifische IDs zu
ersetzen (Vorbild Österreich). Diese IDs sollen über Hashverfahren
generiert werden, die nicht-rückführbare Referenzen erstellen. Die
übergreifenden Referenzen aller Domänen sollen in einer zentralen
Navigationstabelle gespeichert werden, wobei strenge datenschutzrechtliche
Auflagen eingehalten werden müssen. Die Kompetenzzentren nutzen
unterschiedliche Hash-Verfahren und werden dazu verpflichtet, dieses
Verfahren in regelmäßigen Abständen zu aktualisieren, um die Sicherheit der
Daten zu gewährleisten. - Ein Datencockpit informiert die Bürgerinnen und Bürger transparent über den
Migrationsstatus ihrer Daten. Die FDP betont, dass aufgrund der
informationellen Selbstbestimmung des Individuums die Datenhoheit immer bei
den Bürgerinnen und Bürgern liegen muss. Um dies zu gewährleisten, soll
jeder Zugriff auf die Daten der Bürgerinnen und Bürger in einem Daten-
Cockpit protokolliert werden und nachvollziehbar sein. Für jede
Datenverarbeitung durch eine öffentliche Stelle muss zwingend eine
Rechtsgrundlage vorliegen. - Anwendungen, die bereits zentral betrieben oder entwickelt werden
(Basisdienste), wie beispielsweise die BundID sollen weiter gefördert und
in das RegDoM-Konzept integriert werden. - Das RegDoM soll gemäß der EU-Verordnung 2018/1724 an das europäische Once-
Only-Technical System (EU-OOTS) angebunden werden, um den technischen
Austausch von Nachweisen mit anderen EU-Ländern zu ermöglichen.
Effizienz durch moderne technische Standards
Die Implementierung moderner technischer Standards in der Verwaltung spielt eine
entscheidende Rolle bei der Digitalisierung. Standards fungieren als das
Rückgrat effizienter IT-Systeme, indem sie eine gemeinsame Sprache und klare
Richtlinien bieten, die für eine reibungslose Interoperabilität und Sicherheit
unerlässlich sind. Das Fehlen von Standardisierung in der Verwaltung wird oft
von Bedarfsträgern identifiziert, die in ihrer täglichen Arbeit auf aktuelle
Probleme oder Ineffizienzen stoßen, die auf das Fehlen einheitlicher Standards
zurückzuführen sind. Einer der Hauptgründe für den Mangel an umfassenden
Standards in der öffentlichen Verwaltung ist die geringe Priorisierung seitens
der Entscheidungsträger, die sich einem erheblichen Druck zur schnellen
Digitalisierung gegenübersehen. Häufig entscheiden sie sich für eine rasche
Einführung von Lösungen, um kurzfristige Erfolge, oft bis zur nächsten
Wahlperiode, vorweisen zu können. Aufgrund des Drucks zur schnellen
Digitalisierung werden IT-Lösungen häufig entweder ohne die Anwendung von
Standards entwickelt, was zu hohen Folgekosten führt, oder es wird auf veraltete
Technologiestandards zurückgegriffen, weil niemand die Kapazitäten hat, neue zu
entwickeln, die den aktuellen Anforderungen gerecht werden.
Unsere Forderungen:
- Die FDP erkennt die hohe Priorität von Standards als wesentliche Grundlage
für das Erreichen unserer Ziele an. Es wird vorgeschlagen, die
Standardisierungsagenda so anzupassen, dass dauerhaft aktive Technical
Design Authority Arbeitsgruppen unter der Koordination der
Koordinierungsstelle für IT-Standards (KoSIT) etabliert werden. Diese
Gruppen werden sich fortlaufend mit der Entwicklung neuer Standards
beschäftigen, anstatt lediglich auf Bedarfsträger zu reagieren. Die Fehler
der Registermodernisierung haben deutlich gemacht, dass unsere Verwaltung
veraltete Standards nutzt, weil es an Alternativen fehlt. Um eine solche
Situation und das Fehlen von neuen Standards in Zukunft zu vermeiden, ist
es essenziell, dass wir kontinuierlich neue Standards entwickeln. Die KoSIT
soll als eigenständige Einheit innerhalb der FITKO agieren und durch das
BSI unterstützt werden. - Um die Zusammenarbeit zwischen Behörden und privaten Initiativen zu
verbessern, ist geplant, Standards zukünftig auf der "Open CoDE"-Plattform
der Verwaltung zu veröffentlichen und gemeinschaftlich zu entwickeln. Diese
Plattform dient als ein zentraler Ort, an dem Standards und Richtlinien
offen zugänglich gemacht werden, um Transparenz und gemeinsame Entwicklung
zu fördern. - Es braucht eine konsequente Vereinheitlichung der Rechtsbegriffe. Der
Normenkontrollrat hat darauf hingewiesen, dass in verschiedenen Registern
dieselben Begriffe teilweise unterschiedlich verwendet werden. Daher
sollen, die neu eingerichteten Kompetenzzentren gemeinsam an der
Entwicklung eines einheitlichen Glossars für die Verwaltung arbeiten.
Dieses Glossar soll nicht nur für eine sprachliche Standardisierung sorgen,
sondern auch als technische Basis für die Datenbankfelder Benennung.
Stärkung der Cybersicherheit
Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) spielt eine
zentrale Rolle in der Sicherheitsarchitektur Deutschlands. Es fungiert als eine
nationale Cyber-Sicherheitsbehörde und ist verantwortlich für die Entwicklung
von Sicherheitsstandards in der Informationstechnik sowie für die Abwehr von
Cyber-Bedrohungen. Obwohl das IT-Sicherheitsgesetz (ITSIG) und das Gesetz über
das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSIG) umfassende
Regelungen zur Informationssicherheit auf Bundesebene und für kritische
Infrastrukturen in verschiedenen Sektoren bieten, fehlen auf Landesebene oft
entsprechend festgelegte Sicherheitsstandards. Diese Regelungslücke in der IT-
Sicherheitsinfrastruktur hat zu einer steigenden Anzahl erfolgreicher
Hackerangriffe auf kommunale Verwaltungen geführt. Viele Kommunen sind mit den
komplexen Anforderungen der Cybersecurity überfordert, da sie oft nicht über die
notwendigen Ressourcen, das Fachwissen oder die technologischen Mittel verfügen,
um sich effektiv gegen solche Bedrohungen zu schützen. Auch der Mangel an IT-
Fachkräften stellt für die Kommunen wie die öffentlichen Verwaltungen ein großes
Problem dar, die zudem noch mit privatwirtschaftlichen Unternehmen mit deutlich
attraktiveren Arbeitsbedingungen um das wenige Personal konkurrieren.
Unsere Forderungen:
- Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) muss eine
unabhängige Behörde werden, die nicht länger dem Bundesinnenministerium
unterstellt ist, um Interessenskonflikte mit Sicherheitsbehörden zu
verhindern und so die IT-Sicherheit strukturell zu stärken. - Zum Schutz der Daten der Bürgerinnen und Bürger sollen, neben dem Bundesamt
für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) als zentraler
Cybersicherheitsstelle Einrichtungen in den Ländern für die Sicherheit in
der Informationstechnik eingesetzt werden. Diese Institutionen würden
entscheidend zur Stärkung der Cybersicherheit auf Landes- und vor allem
kommunaler Ebene beitragen, indem sie IT-Sicherheitsstandards, vorzugsweise
basierend auf denen des BSI, sowie notwendige Ressourcen und Unterstützung
bereitstellen. Um einen umfassenderen Überblick über
Cybersicherheitsbedrohungen zu gewinnen, wird eine enge Zusammenarbeit
zwischen den verschiedenen Landesämtern und dem BSI befürwortet. Durch die
Stärkung der Sicherheitsmaßnahmen und den Aufbau einer koordinierten
Verteidigungsstrategie auch auf Landesebene kann effektiver Schutz für die
sensiblen Daten der Bürgerinnen und Bürger gewährleistet werden. - Darüber hinaus sollten Bug-Bounty-Programme eingeführt werden, um Anreize
für White-Hat-Hacker zu schaffen. Diese Hacker werden finanziell entlohnt,
wenn sie im Rahmen des Responsible-Disclosure-Verfahrens unbekannte IT-
Sicherheitslücken aufdecken und an die betroffenen Stellen melden. Dabei
müssen solche Programme von Bund und Ländern finanziell so ausgestaltet
werden, dass sich die Prämien an den marktüblichen Preisen von Exploits
orientieren.
Förderung der technologischen Souveränität
Die zunehmende Abhängigkeit des Staates von großen nicht-europäischen Tech-
Konzernen stellt eine Bedrohung für die technologische Souveränität Deutschlands
dar. Um diese Abhängigkeit zu verringern, gibt es verschiedene Lösungen. Zum
einen sollten im Rahmen der Wirtschaftsförderung europäische Tech-Start-ups und
Digital-Unternehmen unterstützt werden. Zum anderen sollte der Staat aber auch
generell unabhängiger von kommerziellen Anbietern werden und eigene digitale
Infrastruktur aufbauen. Das umfasst sowohl den Aufbau und eigenständigen Betrieb
einer IT-Basisinfrastruktur wie der Bundescloud in eigenen Rechenzentren, den
Aufbau eigenen Fachpersonals in öffentlicher Anstellung als auch die Nutzung von
Open-Source-Software. Open-Source-Software ist eine Art von Software, die für
jeden zugänglich und frei verfügbar ist. Mit Open-Source-Software können die
Verwaltung und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unabhängiger von einzelnen
Anbietern oder Ländern werden, die proprietäre Software anbieten. Dies reduziert
das Risiko eines Vendor Lock-Ins, bei dem die Verwaltung an eine bestimmte
Software gebunden ist und hohe Kosten oder Lizenzgebühren zahlen muss. Außerdem
kann die Software flexibel an individuelle Bedürfnisse und Prozesse angepasst
werden und steht dann auch anderen Behörden, Unternehmen und Privatpersonen zur
Verfügung. Open-Source-Software fördert darüber hinaus die Transparenz und
Wettbewerbsfähigkeit der Verwaltungen im digitalen Zeitalter. Der Bund und die
Länder sollten daher den Einsatz und die Weiterentwicklung von Open-Source-
Software in der Verwaltung fördern und unterstützen, um ihre digitale
Souveränität zu stärken.
Unsere Forderungen:
- Die Basisinfrastruktur basierend auf dem RegDoM-Modell soll in der
Bundescloud betrieben werden. Dabei ist es essentiell, dass die Bundescloud
vollständig in staatlichem Eigentum liegt, d.h. in staatseigenen
Rechenzentren betrieben wird, um so in den Kernaufgaben des Staates
unabhängig von kommerziellen Anbietern und anderen Staaten zu sein. - Um IT-Expertinnen und IT-Experten für den Staat und in öffentlicher
Anstellung zu gewinnen und dadurch unabhängiger von kommerziellen IT-
Dienstleistern und Beratungen zu werden, müssen die staatlichen
Vergütungsstrukturen angepasst werden. Denkbar ist zum Beispiel die
Einführung einer Besoldungsgruppe für technisches Personal
(Besoldungsgruppe T). Außerdem sollen Bund und Länder die berufliche und
akademische Ausbildung von IT-Fachkräften forcieren und finanziell
unterstützen. - Behörden sollten ihre Ausschreibungsverfahren dahingehend weiterentwickeln,
anstatt einer Softwarelizenz eine digitale und prozessuale Komplettlösung
für ein bestimmtes Verwaltungsproblem auszuschreiben. Das schließt dann
auch die Wartung, Pflege und den Betrieb der Software ein und begünstigt
damit ganzheitliche und zukunftsfähige Lösungen, die in der Regel auf Open-
Source-Software basieren werden. Dabei sollte es so gestaltet sein, dass
keine Benachteiligung kleinerer und mittlerer Unternehmen stattfindet, um
unseren deutschen Mittelstand angemessen zu berücksichtigen. Durch
transparente und gerechte Vergabekriterien wird ein fairer Wettbewerb
sichergestellt, der Innovation und lokale Wirtschaftskreisläufe stärkt. In
einem ersten Schritt soll dieses neue Ausschreibungsverfahren für neu
anzuschaffende Software gelten, mittelfristig sollen dann auch bestehende
Lizenzen für proprietäre Software durch Open-Source-Alternativen ersetzt
werden. Um einen erfolgreichen und nachhaltigen Umstieg auf Open-Source-
Software zu ermöglichen, sollen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der
öffentlichen Einrichtungen regelmäßig mit dem Umgang von neuer und
bestehender Open-Source-Software geschult werden. - Der Bund und die Länder müssen sich verstärkt an der Weiterentwicklung von
Open-Source-Software beteiligen. Dies sollte vor allem durch finanzielle
Förderprogramme geschehen, wie es sie zum Beispiel mit dem Souvereign
Technology Fund bereits gibt. Zusätzlich sollten Behörden die
Weiterentwicklung von Open-Source-Software durch fachliche Beiträge
bereichern. - Zudem ist es unser Ziel, die Entstehung und Entwicklung von FOSS-
Gemeinschaften (Free and Open Source Software) aktiv zu fördern und zu
unterstützen, wie es beispielsweise schon mit dem Zentrum für Digitale
Souveränität (ZenDiS) geschieht. Außerdem soll darauf hingewirkt werden,
dass Open-Source-Entwicklungen als Ehrenamt anerkannt werden. Des Weiteren
sollen der Bund und die Länder ein Programm für sogenannte Open-Source-
Sabbaticals einführen, bei denen Softwareentwicklerinnen und -entwickler
für ihren freiwilligen Verzicht auf ihre Berufstätigkeit für einen
bestimmten Zeitraum finanziell vom Bund und den Ländern entschädigt werden,
weil sie in der Zeit Software für die Allgemeinheit entwickeln.
Agilität und Innovation in der öffentlichen
Verwaltung
Verwaltungen sind in der Regel durch strikt hierarchische Strukturen
gekennzeichnet, die eine klare Kontrollkette vom obersten Management bis
hinunter zu den operativen Ebenen aufweisen. Diese Organisationsform führt oft
zu einer siloartigen Struktur, in der verschiedene Abteilungen isoliert
voneinander agieren und wenig Anreiz für übergreifende Zusammenarbeit besteht.
Die Kommunikation verläuft meist vertikal, was die horizontale
Informationsweitergabe zwischen den Abteilungen erschwert. Zudem ist die
Arbeitsweise durch eine starke Regelgebundenheit und formale Prozesse
charakterisiert, was Flexibilität und schnelle Anpassung an Veränderungen
limitiert. In der deutschen Verwaltung liegt der Schwerpunkt überwiegend auf der
Bewältigung alltäglicher Aufgaben — eine Situation, die sowohl auf die noch
nicht umfassend realisierte Digitalisierung, den Fachkräftemangel als auch auf
eine ausufernde Bürokratie zurückzuführen ist. Dies führt dazu, dass nur wenig
Raum für die Entwicklung und Umsetzung innovativer Ideen oder neuer Konzepte
bleibt. Hinzu kommt, dass erfolgreiche Innovationsinitiativen aufgrund des
Mangels koordinierten Austausches zwischen den Kommunen nur eine begrenzte
Verbreitung findet.
Unsere Forderungen:
- Um Deutschland im Bereich der digitalen Verwaltung zum Innovationstreiber
zu machen, reicht es nicht aus, sich lediglich auf die Aufarbeitung
vergangener Defizite zu konzentrieren. Im Zeitalter der künstlichen
Intelligenz kann der Einsatz neuer technischer innovativer Ideen als
Katalysator für eine grundlegende Effizienzsteigerung in der Verwaltung
wirken. Das schließt auch organisationale und strukturelle Reformen in
deutschen Amtsstuben ein. Bund und Länder sollten Mechanismen zur Förderung
der horizontalen Informationsweitergabe zwischen den Abteilungen einer
öffentlichen Verwaltung sowie behördenübergreifend einführen und flexible
Arbeitsprozesse einführen, um schnell auf Veränderungen reagieren zu
können. Vor diesem Hintergrund sollten öffentliche Verwaltungen auf moderne
Führungs- und Steuerungsmodelle wechseln, wie sie agile Unternehmen in der
Wirtschaft bereits seit Jahren verwenden. Das setzt auch von den
Verwaltungsangestellten eine neue Offenheit und Flexibilität voraus, die
angesichts der rapiden Veränderungen in der Gesellschaft erwartet werden
können. Umgekehrt sollen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter durch ein
Change Management begleitet werden, in denen ihre Wünsche und Bedenken
ernst genommen werden und Neues mit Unterstützungsangeboten vermittelt
wird. - Öffentliche IT-Projekte sollten in einem agilen Setup durchgeführt werden,
sodass möglichst schnell ein sog. Minimum Viable Product (MVP) live gehen
kann, anhand dessen die Behörde lernen kann, wie die neue Softwarelösung
funktioniert und sich in die bestehenden Prozesse und Strukturen
integrieren lässt. Wichtig ist, das MVP auch als solches zu kennzeichnen
und zu kommunizieren, welche Features bereits vorhanden und welche noch in
Planung sind. Anschließend soll das MVP auf Basis des Feedbacks von
Verwaltungsangestellten, Bürgerinnen und Bürgern und weiteren Stakeholdern
offen und ehrlich evaluiert und weiterentwickelt werden. - Bei der Digitalisierung von Verwaltungsprozessen sollen nicht bestehende
Prozesse vom Medium Papier auf digitale Medien überführt werden, sondern es
soll ein vollständiges Redesign der Prozesse stattfinden, in dem der
veränderten Situation im digitalen Zeitalter vor dem Hintergrund der neuen
technischen Möglichkeiten, der User Experience (Nutzerfreundlichkeit,
Zugänglichkeit, Barrierefreiheit) sowie einer Verschlankung von
bürokratischen Verfahren Rechnung getragen wird. Dabei sollen obsolete
bürokratische Vorschriften abgeschafft werden. Es ist entscheidend, dass
die digitalen Angebote des Staates sich durch Benutzerfreundlichkeit,
Zugänglichkeit und eine Ausrichtung auf die tatsächlichen Bedürfnisse der
Nutzerinnen und Nutzer ausrichtet. Es genügt nicht, vorhandene
Verwaltungsdokumente einfach online zugänglich zu machen und dies als
Digitalisierung zu bezeichnen. Vielmehr erfordert es eine tiefgreifende, an
den Nutzerinnen und Nutzern orientierte Transformation der staatlichen
digitalen Dienstleistungen. - Des Weiteren setzt sich die FDP für die Einführung eines Innovationslabors
innerhalb der FITKO-Strukturen ein, das als eigenständige zentrale Einheit
experimentelle Projekte vorantreibt, ohne dabei an übliche bürokratische
Einschränkungen gebunden zu sein. Solche „Sandboxes“, die häufig in IT-
Firmen eingesetzt werden, dienen dazu, Innovationen zu fördern, während
Risiken und Auswirkungen sorgfältig überwacht werden. Dies ermöglicht es,
schnell auf neue Herausforderungen zu reagieren, kreative Lösungen zu
erproben und die Potenziale neuer Technologien oder Arbeitsweisen effektiv
zu testen. Das Innovationslabor berichtet dann dem IT-Planungsrat mit dem
Ziel, potenzielle Projekte zu identifizieren, von denen die Verwaltung in
Deutschland profitieren könnte.
Transparenz, Offenheit und Teilhabe
Generell ist es für die Bürgerinnen und Bürger eine Herausforderung, sich über
den Fortschritt der Digitalisierung in der deutschen Verwaltung zu informieren,
da Informationen oder auch technische Dokumentationen entweder gar nicht oder
erst mit erheblicher Verzögerung veröffentlicht werden. Der IT-Planungsrat
trifft sich dreimal jährlich, doch deren Sitzungen sind für die Öffentlichkeit
nicht zugänglich. Bis auf die veröffentlichten Beschlüsse bleiben weitere
Details zu diesen Treffen unzugänglich. Möglichkeiten zur Teilhabe gibt es für
die Zivilgesellschaft sowie Verwaltungsangestellte als Endnutzerinnen und -
nutzer bisher nicht.
Unsere Forderungen:
- Die FDP fordert mehr Transparenz und Offenheit in der Ausgestaltung der
Digitalisierung des Staates, denn nur mit einer gelungenen Einbindung der
Gesellschaft kann diese Mammutaufgabe sinnvoll und zukunftsorientiert
bewerkstelligt werden. Dazu sollen alle relevanten Protokolle und
Unterlagen der Sitzungen des IT-Planungsrates und der FITKO
schnellstmöglich im Nachgang der Sitzungen veröffentlicht werden. - Zudem sollen interessierte Bürgerinnen und Bürger, zivilgesellschaftliche
Organisationen sowie Verwaltungsangestellte aus allen Bereichen der
öffentlichen Verwaltungen und vor allem der Kommunen als Nutzerinnen und
Nutzer sowie Betroffene der Digitalisierung des Staates in neuen
Beteiligungsformate eingebunden werden. Zum Beispiel könnten Sitzungen des
IT-Planungsrats oder Konsultationen zu einzelnen Vorhaben öffentlich
durchgeführt werden. Einmal jährlich könnte die FITKO auf dem Digital-
Gipfel einen Bericht über die aktuellen Fortschritte und Bemühungen zur
Etablierung einer zentralen IT-Architektur präsentieren. Idealerweise
werden alle Initiativen für mehr Transparenz, Offenheit und Teilhabe auf
einer öffentlich zugänglichen Online-Plattform gebündelt angeboten. - Die FDP ist fest davon überzeugt, dass nur eine vollautomatisierte
Verwaltung, die Behördengänge auf ein absolutes Minimum reduziert, im
besten Interesse der Bürgerinnen und Bürger ist. Unser vorrangiges Ziel ist
es daher, die IT-Architektur so zu standardisieren und zu integrieren, dass
die verschiedenen Systeme nahtlos miteinander kommunizieren können. Die
Mehrheit der Verwaltungsaufgaben sollten mühelos über Smartphones mit Hilfe
von KI-Agenten erledigt werden können. Dabei lassen wir uns vor der Vision
des Staates als proaktiven Dienstleister leiten.