Kommunalwahl 2021: Rahmenbedingungen auf Landesebene

Damit die Richtung stimmt.

Grund- und Gewerbesteuerbremse:
Wir Freie Demokraten wollen die Bürgerinnen und Bürger vor automatischen Steuererhöhungen schützen. Das Land muss deshalb eine Grund- und Gewerbesteuerbremse einführen, damit künftig eine gesetzliche Festlegung der Nivellierungshebesätze ohne automatische Anpassung erfolgt. Die Nivellierungshebesätze bewirken, dass die Steuerkraft bei den Realsteuern für alle Kommunen einheitlich auf die Basis derselben Hebesätze gestellt wird. Durch diese bisherige Ausgestaltung regt der Kommunale Finanzausgleich die Kommunen dazu an, die Hebesätze der Realsteuern zu erhöhen.

Grundsteuer-Transparenzregister für Kommunen:
Die geplante Grundsteuerreform darf nicht zulasten der Bürgerinnen und Bürger gehen, in dem das Gesamtaufkommen der Grundsteuer durch die Hintertür erhöht wird. Das Land sollte durch die Einführung eines Transparenzregisters aktiv werden, um einen eigenen Beitrag zur Aufkommensneutralität der Grundsteuer zu leisten. Dabei stellt das Land den Kommunen im Rahmen einer gemeindespezifischen Berechnung den Hebesatz zur Verfügung, der das Gesamtaufkommen in der jeweiligen Kommune weder senkt noch erhöht. Auf diese Weise werden die Kommunen effizient und von zentraler Stelle dabei unterstützt, ihre Hebesätze anzupassen. Gleichzeitig haben die Bürgerinnen und Bürger die Möglichkeit nachzuverfolgen, wie sich die kommunalen Hebesätze konkret auswirken.

Abschaffung von Straßenausbaubeiträgen:
Die rechtliche Grundlage für die Erhebung so genannter Straßenausbaubeiträge muss aus dem Niedersächsischen Kommunalabgabengesetz gestrichen werden. Die Straßenausbaubeitragssatzungen der Gemeinden haben in der Vergangenheit zu ungerechtfertigten Belastungen und enormen Härtefällen, insbesondere für Familien und ältere Mitbürgerinnen und Mitbürger, gesorgt, indem deren Alterssicherung und Investitionen konkret gefährdet wurden. Für die Aufhebung der Satzungen soll zusätzlich ein rechtssicherer, rückwirkender Zeitraum vorgegeben werden, um Beitragszahlungen, die kurz vor der Abschaffung fällig wurden, bei der Aufhebung einschließen zu können.

Modernisierung von Sportstätten:
Das Land muss seine finanzielle Unterstützung zur Modernisierung von Sportstätten in den Kommunen über das bisherige Maß hinaus erhöhen. Dabei ist ein Schwerpunkt auf inklusive und multifunktionale Hallen, Schwimmbäder und Sportfreianlagen zu legen. Auch die Sanierung, Modernisierung sowie der Aus- und Neubau vereinseigener Sportstätten muss bürokratiearm unterstützt werden.

Hauptverwaltungsbeamte für acht Jahre wählen:
Die Dauer der Amtsperiode für Hauptverwaltungsbeamte muss wieder auf acht Jahre erhöht werden. Das schafft Anreize für gute Kandidatinnen und Kandidaten, schafft Planungssicherheit für die Gemeinden und Landkreise und entkoppelt die politischen Entscheidungen über Mehrheiten in Rat und Kreistag von der Leitung der Verwaltung.

Keine Altersbeschränkungen für Hauptverwaltungsbeamte:
Wir Freie Demokraten setzen uns für die Abschaffung der besonderen Altersbeschränkungen bei Direktwahlen ein. So möchten wir das Mindestalter für das passive Wahlrecht von Hauptverwaltungsbeamten von 23 auf 18 Jahre senken und gleichzeitig das
Höchstalter streichen.

Passives Wahlrecht ab 16:
Wir Freie Demokraten setzten uns für das passive Wahlrecht ab 16 zur Kommunalwahl ein. Wir begrüßen es, wenn junge Menschen sich aktiv vor Ort einbringen und an ihrem Heimatort einen Unterschied machen wollen. Die Entscheidung über Reife und Eignung sollte bei den Wählerinnen und Wählern sowie der aufstellenden Parteien liegen. Dadurch versprechen wir uns - insbesondere in ländlichen Regionen - junge Menschen mehr an die Heimat zu binden, denn wer mitgestaltet, bleibt vor Ort oder kommt wieder.

Kommunale Betriebe zukunftsfest machen:
In vielen Kommunen Niedersachsens leisten Eigenbetriebe wie Energieversorger und Nahverkehrsunternehmen einen unabdingbaren Beitrag zur lokalen Daseinsvorsorge. Kommunale Betriebe sind dabei häufig Teil eines steuerlichen Querverbundes. Das daraus entstehende Steuerprivileg sorgt jedoch für Rechtsunsicherheit auf europäischer Ebene. Wir Freie Demokraten setzen uns für den Erhalt dieser wirtschaftlichen Option der Kommunen ein. Zudem wollen wir kommunale Eigenbetriebe zukunftsfest machen, damit sie auch ohne Querverbund wirtschaftlich bleiben. Die Kommunen müssen in diesem Zusammenhang im weiteren Bereich der Daseinsvorsorge gleichberechtigt am wirtschaftlichen Leben teilhaben können.

Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern stärken:
Wir Freie Demokraten setzen uns für eine stärkere Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger an der kommunalen Politik auch durch Instrumente der direkten Demokratie ein. Wir fordern konkret, dass es beim Einwohnerantrag in der Vertretung zu einer inhaltlichen Auseinandersetzung mit dem Antragsgegenstand kommt.

Gleichstellungsbeauftrage:
Wir bedauern die nach wie vor bestehende strukturelle Benachteiligung von Frauen und setzen uns dafür ein, dass die Funktion der kommunalen Gleichstellungsbeauftragten gestärkt wird. Die Pflicht von Kommunen zur Berufung von hauptamtlichen Gleichstellungsbeauftragten wollen wir auf 15.000 Einwohner senken (halbe Vollzeiteinheit). Die Pflicht zur Berufung einer/eines Gleichstellungsbeauftragten in Vollzeit soll ab 25.000 Einwohner gelten. In Gemeinden mit unter 15.000 Einwohner setzen wir uns für die Bestellung einer/eines Gleichstellungsbeauftragten (halbe Vollzeiteinheit) als freiwillige Aufgabe der Kommune ein.

Durch Jugendparlamente die Jugend einbinden:
Wir setzen uns für eine stärkere Beteiligung von Jugendlichen in der politischen Willensbildung der Kommunen ein. Hierzu fordern wir die Einführung von gewählten Jugendvertretungen in allen Kommunen. Wir wollen neben der Pflicht zur Einführung eines Jugendparlaments im NKomVG eine eindeutige Rechtsgrundlage schaffen, auf dessen Grundlage einer Jugendvertretung Initiativ-, Antrags- und Rederecht im geeigneten Rahmen in den Parlamenten und ihren Gremien gewährt wird. Mit einem Landesförderprogramm „Jugendparlament“ wollen wir sicherstellen, dass die Jugendparlamente auch über die notwendige hauptamtliche Unterstützung verfügen.

Digitale Sitzungen ermöglichen:
Wir Freie Demokraten setzen uns für eine stärkere Vereinbarkeit von Familie und Ehrenamt ein. Die für die Corona-Pandemie geschaffene Möglichkeit, Sitzungen von kommunalen Parlamenten und ihren Gremien auch digital oder hybrid durchzuführen, soll auch nach der Pandemie weiterhin zur Verfügung stehen. Präsenzsitzungen sollen allerdings weiterhin die Regel sein.

Kommunale Demokratie stärken:
Wir Freie Demokraten setzen uns dafür ein, dass die kommunale Demokratie stark bleibt. Dabei wollen wir allen interessierten Bürgerinnen und Bürgern die Chance geben, ein Mandat bei der Kommunalwahl zu erhalten. Wir wollen deswegen, dass die Räte und Kreistage nicht mehr willkürlich beschließen können, ihre Mitgliederzahl zu reduzieren. Als weitere Maßnahme wollen wir die Ortsräte und Bezirksräte dadurch stärken, dass ihnen zusätzliche Aufgaben über die Hauptsatzung zugewiesen werden können. Als fairstes Modell für die Berechnung der Ausschussbesetzung fordern wir die Wiedereinführung des Zählverfahrens „Hare-Niemeyer“ und die Abschaffung des Zählverfahrens „d’Hondt“, welches die großen Fraktionen und Gruppen bevorteilt.

Einführung eines Präferenzwahlsystems bei Direktwahlen:
Wir Freie Demokraten setzten uns für die Ersetzung der Stichwahl bei Direktwahlen durch ein Instant-Runoff-Voting-Verfahren, also durch ein Präferenzwahlsystem ein. Mit dem Verfahren wollen wir die Extrakosten und Aufwand für die Stichwahlen entbehrlich machen und den Einfluss der Wählerinnen und Wähler auf das Wahlergebnis stärken.

Faire Lastenverteilung der Kosten der Kinderbetreuung:
Das Land Niedersachsen hat durch die Übernahme der Kindertagesstättengebühren für die Regelbetreuungszeit die Erziehungsberechtigten finanziell entlastet. Gleichzeitig ist festzustellen, dass die Kosten der Kinderbetreuung immer weiter steigen. Von einer früheren Drittelfinanzierung aus Eltern, Kommune und Land hat sich die Kostenaufteilung zu einer hälftigen Finanzierung durch die Kommune und das Land entwickelt. Dieser enorme Kostendruck schränkt die Kommunen stark ein, sodass andere Aufgabenfelder leiden und ein Investitionsstau entsteht. Das Land muss kontinuierlich mehr Personalkosten inklusive des notwendigen Vertretungspersonals übernehmen und insbesondere die dritte Kraft im Kindergarten vollständig finanzieren.

Bildungsgutscheine einführen:
Wir fordern die Einführung von Bildungsgutscheinen zur Finanzierung von Schulen und Kitas. Für jedes Kind soll der Staat Finanzierungsbeiträge in Form von Gutscheinen gewähren. Eltern erhalten diese und geben sie an die von ihnen gewählte Bildungseinrichtung weiter. Durch Bildungsgutscheine entstehen ein transparenter Qualitätswettbewerb und die besten Bildungsleistungen. Staatliche, kommunale und Bildungseinrichtungen in freier Trägerschaft erhalten pro Kind den gleichen Betrag. Eltern haben so die freie Wahl zwischen verschiedenen öffentlichen Angeboten sowie zwischen öffentlichen und freien Trägern. Der Gegenwert der Gutscheine kann sich nach Lebensalter, zeitlichem Umfang der wöchentlichen Betreuung sowie bei besonderem pädagogischem und sonderpädagogischem Unterstützungsbedarf unterscheiden.

Azubi-Ticket einführen:
Wir fordern die Einführung eines landesweiten Azubi-Tickets sowohl für Schülerinnen und Schüler, als auch für Auszubildende in dualer Ausbildung und Freiwilligendienstleistende zum Preis von einem Euro pro Tag bzw. 365 Euro pro Jahr. Durch die Verringerung des Preises lässt sich die Nutzung des ÖPNV massiv steigern und stellt damit eine attraktive und umweltfreundliche Alternative zum Auto dar.

Stellplatzpflichten:
Wir Freie Demokraten halten starre Vorgaben zu Stellplatzpflichten bei Neubauten für nicht mehr zeitgemäß. Hier müssen Flexibilität und Abweichungsmöglichkeiten für die Kommunen eingeführt werden. In Zeiten von Car-Sharing und vermehrtem Verzicht auf das Auto, sind starre Vorgaben zu
Stellplätzen wenig sinnvoll.

Denkmalschutz:
Wir Freie Demokraten wollen Eigentümerinnen und Eigentümern eine einfachere Überprüfung des Denkmalschutzstatus‘ ihrer Immobilie ermöglichen. Denkmalschutzauflagen gehören darüber hinaus auf den Prüfstand. Zu starre Statuten und Auflagen bezüglich des Denkmalschutzes hemmen Investitionen in Gebäude und führen dazu, dass Eigentümerinnern und Eigentümer Bauten gezielt dem Verfall preisgeben. Dem wollen wir entgegenwirken.

Denkmalschutz und Grundsteuer:
Das bisherige Modell der Grundsteueranpassung für Eigentümerinnen und Eigentümer von denkmalgeschützten Häusern wollen wir Freie Demokraten stärker nutzen. Aufwand für Instandsetzung und Erhalt von denkmalgeschützten Bauten ist häufig kostspielig. Wir wollen mit entsprechender Anpassung der Grundsteuer diese Kosten für engagierte Eigentümerinnen und Eigentümer senken. Bei gezielter Preisgabe der Immobilie zum Verfall sollte sie nach Möglichkeit erhöht werden.

Bauvorgaben auf den Prüfstand:
Wir Freie Demokraten setzen uns auf allen Ebenen für eine Verschlankung der überbordenden Bauvorgaben ein. Die zahlreichen Anforderungen bei bspw. Wärme-, Schall- und Brandschutz machen das Bauen nicht nur teuer und aufwendig, sondern schränken die Handlungsmöglichkeiten insgesamt unnötig ein. Wir wollen eine gezielte Verschlankung, bei der alle unnötigen oder unverhältnismäßigen Vorgaben gestrichen werden. Dabei sind Klima- und Gesundheitsschutz sowie die Unversehrtheit von Menschen, Tieren, Sachen und der natürlichen Lebensgrundlagen weiter als elementare Grundsätze zu berücksichtigen.

Bürokratieabbau:
Wir Freie Demokraten wollen auch die Kommunen selbst von der überbordenden Bürokratie befreien, die sie in ihrem eigenen Handeln erfüllen müssen. Insbesondere die Vorgaben bei der Ausweisung von Flächennutzungs- und Bebauungsplänen sowie die immer komplexeren rechtlichen Vorgaben im Vergaberecht führen dazu, dass selbst leistungsfähige Kommunen den Ausbau ihrer Infrastruktur und der Einrichtungen der Daseinsvorsorge nicht mehr in angemessener Zeit umsetzen können. Zudem führen die immer komplexeren rechtlichen und tatsächlichen Vorgaben zu massiven Mehrausgaben, gerade bei kleineren Kommunen. Diese können dadurch Planungs- und Vergabeleistungen heute oft nur noch ganz oder teilweise durch externe Berater umsetzen.

Kommunale Strukturen und Zukunftsverträge:
Gemeinden und Landkreise müssen finanziell, strukturell und personell in der Lage sein, ihren Aufgaben nachzukommen. Bei der Neugliederung von Gemeinde- und Landkreisstrukturen ist stets der Wille der örtlichen Bevölkerung maßgeblich. Es darf in Niedersachsen keine Gemeinde- oder Landkreisgebietsreform von oben geben. Die Instrumente der interkommunalen Zusammenarbeit und der Zukunftsverträge haben sich bewährt und müssen weiter genutzt werden.