Marco Genthe: Pläne der Regierungsfraktionen schaden Schutz der Opfer von Kindesmissbrauch

Der innenpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Marco Genthe kritisiert das Verhalten der Regierungsfraktionen bei der Abstimmung über Maßnahmen zur Bekämpfung des Kindesmissbrauchs:

Marco Genthe MdL

"Die Bekämpfung des Kindesmissbrauchs eignet sich nicht für politischen Streit oder zur Profilierung einer Fraktion und ihrer Abgeordneten. Bei allen Maßnahmen muss der Opferschutz im Mittelpunkt der Überlegungen stehen. Erst sprachen sich Justizministerin Havliza und die CDU gegen eine Abschaffung der Verjährungsfristen aus, dann stimmten sie dem entgegengesetzten SPD-Antrag zu. Inhalte und der Schutz der Opfer spielten keine Rolle mehr." Genthe ergänzt: "Statt die Verjährung pauschal aufzuheben, fordert die FDP-Fraktion, dass Opfer nach Ablauf einer Verjährungsfrist selbst über die Eröffnung eines Ermittlungsverfahrens entscheiden dürfen. So soll die Belastung für Opfer verringert werden. Denn die Beweisführung wird Jahrzehnte nach einer Tat immer schwieriger, während ein Freispruch den Opfern eher schadet. Diese Selbstbestimmung wollten die Regierungsfraktionen den Opfern aber nicht zugestehen." 

Gegen die ebenfalls vorgesehene Anzeigepflicht für Mitwissende hätten sich selbst die Opferverbände ausgesprochen. Genthe: "Deren Beratungsstellen beraten vertraulich und lassen Opfern alle Handlungsmöglichkeiten. Eine Anzeigepflicht macht diese Vertraulichkeit unmöglich." In Fällen des sexuellen Missbrauchs im Familien- oder Bekanntenkreis zeigt die Praxis außerdem, dass Opfer ihre Aussage unter Umständen verändern, um Mitwisser auszunehmen. "Sollten im Gerichtsverfahren deshalb Zweifel an der grundsätzlichen Glaubwürdigkeit des Opfers entstehen, drohen unberechtigte Freisprüche", sagt Genthe. Auch die angestrebten Änderungen im Jugendstrafrecht hätten Folgen, die nicht im Sinne der Verfasser des Antrags sein könnten. Genthe erklärt: "Ein einvernehmlicher Zungenkuss zwischen einer 13-jährigen und einem 14-jährigen würde dann zwingend zu einer Gerichtsverhandlung führen. Der geringe Altersunterschied und die einvernehmliche Handlung spielten insoweit keine Rolle. Nach so einem Geschehen gegen einen 14-jährigen im Gericht zu verhandeln, hätte mit Jugendschutz nichts zu tun und wäre völlig überzogen." Genthe will weiterhin unter anderem mit gut durchdachten Strafverschärfungen gegen sexuellen Kindesmissbrauch vorgehen. Dabei dürften die Interessen der Opfer aber nicht ignoriert werden. Genthe: "Dieses Ziel hat die große Koalition verfehlt. Die Regierungsfraktionen verschlechtern mit ihrem politischen Hick Hack am Ende den Schutz der Opfer." 

 

Hintergrund: In der Plenarsitzung am Montag beriet der Niedersächsische Landtag Maßnahmen zur Bekämpfung des sexuellen Kindesmissbrauchs.